Wird sie erste Kanzlerin?
Koalitionen. Die SPÖ hat beim Parteitag Leitlinien für mögliche Koalitionspartner festgelegt: Man ist nun prinzipiell der FPÖ gegenüber offen. Aber es könnte auch mit der ÖVP schwierig werden.
Die SPÖ hat Leitlinien für mögliche Koalitionspartner festgelegt: Man ist nun der FPÖ gegenüber offen.
Wien. Erste Frau an der Spitze der SPÖ ist sie seit dem vergangenen Wochenende bereits. Nun will Pamela-Rendi Wagner, wie sie den Genossen beim Bundesparteitag in Wels kämpferisch zurief, „die erste Bundeskanzlerin dieser Republik werden“. Die Chance wird sich allein angesichts der nicht allzu lang zurückliegenden Nationalratswahl wohl nicht so schnell auftun. Doch sollte sie irgendwann kommen, wird es einen Koalitionspartner brauchen – und für diesen haben sich die Vorzeichen beim Parteitag geändert.
Da hat das höchste Gremium der SPÖ nämlich den sogenannten Wertekompass beschlossen. Er legt fest, mit wem man künftig koalieren darf – und hierbei ist nun die FPÖ nicht mehr dezidiert ausgeschlossen. Die Tür wird für sie damit ein Stück geöffnet. Lang war das undenkbar. Denn seit einem Parteitagsbeschluss aus dem Jahr 2004 war eine Zusammenarbeit mit der „rechtspopulistischen FPÖ“ausgeschlossen. Das sorgte parteiintern immer wieder für Debatten. Sie wurden heftiger, als sich die burgenländischen Sozialdemokraten 2015 für eine Zusammenarbeit mit der FPÖ entschieden.
Christian Kern übernahm im Mai 2016 die Partei und begann, die leichte Kurskorrektur in Koalitionsfragen einzuleiten. Er ließ Kärntens Landeschef, Peter Kaiser, dem nicht gerade nachgesagt werden kann, dem rechten Lager innerhalb der SPÖ anzugehören, den Wertekompass ausarbeiten. Vom Parteivorstand wurde dieser bereits Mitte 2017 abgesegnet. Anders als bei der ebenso von Kern angestoßenen Reform der Parteistatuten kam der Wertekompass nun, unter der neuen SPÖ-Führung, in seiner Ursprungsfassung zur Abstimmung beim Parteitag.
Die Debatte darüber hielt sich in der Welser Messehalle am Sonntag dennoch in Grenzen. Man war bedacht, sich geeint zu präsentieren. Daran hat sich nur die Parteijugend nicht ganz gehalten. „Bitte distanzieren wir uns endlich von Rot-Blau und sagen wir, dass das keine Option ist und sein wird!“, rief ein junger Genosse. Mit 21 Gegenstimmen und drei Enthaltungen wurde der Wertekompass dann aber ohne Probleme beschlossen.
Regeln sind „unverbrüchlich“
Er legt, wie die SPÖ bereits in der Präambel niedergeschrieben hat, fest, „wofür wir eintreten, und was wir uns von der Zusammenarbeit mit anderen politischen Gruppierungen und ihren ProponentInnen erwarten“. Es seien „unverbrüchliche Bedingungen“. Die künftig übrigens nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Landes- und Gemeindeebene gelten.
Auf jeder Ebene der SPÖ kann allerdings selbst abgewogen werden, ob die Kriterien von den jeweiligen politischen Mitbewerbern erfüllt werden oder nicht. Es bleibt also einiges an Interpretationsspielraum.
In sieben Kapiteln – vom Österreich-Verständnis über soziale Sicherheit bis zur Freiheit der Kunst – finden sich durchaus konkrete Vorgaben, die potenzielle Partner erfüllen müssen. So dürfe es keine Zusammenarbeit mit Parteien oder Personen geben, „die in irgendeiner Form (rechts-)extreme, faschistische oder anderweitig demokratiefeindliche Haltungen unterstützen“. Zweifel daran, dass der 8. Mai 1945 ein Befreiungstag für Österreich ist, werden etwa nicht geduldet.
Vom Partner verlangt die SPÖ auch eine Anerkennung des Selbstverwaltungsprinzips der Sozialversicherungen, einen Ausbau von Integrationsmaßnahmen sowie ein Grundsatzbekenntnis zum freien Uni-Zugang. Damit wird nicht nur eine Koalition mit der FPÖ, sondern auch mit der ÖVP schwierig. Bis sich diese Frage stellt, kann sich aber noch so einiges ändern.