Wenn Wien die (Schulden)Wende will
Gemeinderat. 2020 soll es so weit sein – bis zum Wahljahr will Finanzstadtrat Peter Hanke ein Nulldefizit schaffen. Die Opposition drängt zu mehr Tempo und Einsparungen in der Verwaltung.
War es Absicht? Oder Zufall? Jedenfalls ist das erste Budget, das Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) allein zu verantworten und das er am Montag im Gemeinderat präsentiert hat, überschattet gewesen von einer Entscheidung des Koalitionspartners. Von einer wichtigen personellen Weichenstellung der Grünen. Der wichtigsten der vergangenen Jahre: Wer folgt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou an der Spitze der Liste für die spätestens im Herbst fällige Wahl 2020?
Zurück zum Budget, das heute, Dienstag, unabhängig davon mit rot-grüner Mehrheit beschlossen werden soll. Wien plant mit Einnahmen in Höhe von 15,497 Milliarden Euro – denen aber höhere Ausgaben gegenüberstehen, nämlich 15,685 Mrd. Euro. Das bedeutet, Wien muss weitere Schulden in Höhe von 188 Millionen Euro aufnehmen. Hält der Entwurf für 2019 dem tatsächlichen Budgetvollzug stand, wird Wien somit Ende kommenden Jahres mit rund 6,9 Mrd. Euro verschuldet sein.
Stadtrat Peter versprach in seiner einstündigen Budgetrede eine Trendwende: 2019 sei die letzte Etappe zum ausgeglichenen Haushalt. „Ab 2020 werden keine neuen Schulden mehr gemacht“, so der Wiener „Finanzminister“. Möglich werde dies durch die gute Wirtschaftslage, den seit zwei Jahren andauernden Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen Beschäftigungshöchststand. Das bringe zusätzliche Steuereinnahmen und helfe auf dem Weg in Richtung Nulldefizit, gestand Hanke. In der Politik der türkis-blauen Bundesregierung sieht Hanke einen Hemmschuh für dieses Ziel.
Für die zweitstärkste Partei in Wien argumentierte FPÖ-Vizebürgermeister Dominik die Hochkonjunktur werden nicht ewig anhalten. Das von Stadtrat Hanke versprochene Nulldefizit sei unter anderen Rahmenbedingungen dann womöglich nicht erreichbar. Auch unter Bürgermeister Michael Ludwig setze sich die „rot-grüne Geld- vernichtung“fort. Einzige Profiteure seien die Zuwanderer. Die von Rot-Grün betriebene undifferenzierte Willkommenskultur habe die Bundeshauptstadt an ihre Grenzen getrieben – nicht nur aus finanzieller Sicht. Wie man solch ein finanzielles Debakel und Ver- sagen schönreden könne, grenze schon an künstlerische Freiheit.
Der grüne Klubchef, David verwies darauf, dass bundesweit Wien im Mittelfeld beim Schuldenvergleich liege. Die Versorgung und Infrastruktur für 1,9 Millionen Wiener unter diesen Budgetvorgaben sicherzustellen sei eine riesige Aufgabe. Der Bund würde bei den Menschen sparen. Demgegenüber die Politik der Wiener Stadtregierung, so Ellensohn: Diese ermögliche mit der Novelle der Bauordnung mehr geförderten Wohnbau und damit leistbare Wohnungen. Wien stehe als wachsende Stadt vor großen Aufgaben und investiere in Bildung, Soziales und Gesundheit. Gleichzeitig verzeichne die Stadt einen neuen Rekord bei den Beschäftigten. 9100 neue Betriebe hätten im Vorjahr in Wien eröffnet. Das Bruttoregionalprodukt sei gleich hoch wie jenes aller drei Baltikum-Staaten, und mit 191 internationalen Betriebsansiedlungen feiere Wien ebenfalls einen neuen Rekord. Diese seien auch mehr als alle Ansiedlungen in den anderen Bundesländern zusammengerechnet. Die Regierung sei „zuständig für das Rudern, die Opposition für das Sudern“, meinte Ellensohn.
Die frühere Finanzressortchefin Renate Brauner (SPÖ) war beim Beitrag von Markus nicht amtsführender ÖVP-Stadtrat, plötzlich besonders präsent. Er brachte eine Kartonfigur der ExPolitikerin mit. Warum? Schon sie habe ein Nulldefizit versprochen – für 2016. Geworden sei es eine Neuverschuldung in Höhe von 597 Mio. Euro. Dabei seien die Voraussetzungen für ein Nulldefizit so gut wie nie: Die Konjunktur floriere. Die Stadt nehme über Gebühr Gebühren ein, und der Bund überweise um fast eine halbe Milliarde Euro mehr als noch 2018.
Statt während einer Hochkonjunktur Schulden zurückzubezahlen lasse man den Schuldenberg weiter anwachsen, bemängelte NeosKlubobmann Christoph
Die Stadt nehme sich so Spielraum für Investitionen in der Zukunft. Und: Vor allem bei Personal und Verwaltung seien die Ausgaben signifikant höher gestiegen als zuvor. (red.)