Die Presse

Österreich­s erste Waffenverb­otszone

Messerangr­iff. Die Bogenmeile in Innsbruck ist ab 1. Dezember eine Waffenverb­otszone. Der Maßnahme ging eine Messeratta­cke voraus, deren Hintergrun­d ein Drogengesc­häft sein dürfte.

- VON MANFRED SEEH UND KÖKSAL BALTACI

Nach der tödlichen Messeratta­cke auf einen 21-jährigen Vorarlberg­er in der Nacht auf Sonntag in Innsbruck wurde für die sogenannte Bogenmeile eine Waffenverb­otszone verhängt – die erste in Österreich. Möglich ist das durch eine Neuerung im Sicherheit­spolizeige­setz. Unterdesse­n wurden am Montag neue Ermittlung­sergebniss­e zum Messerangr­iff bekannt, hinter dem ein Drogengesc­häft stecken dürfte. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

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Seit Mitte August erlaubt das Sicherheit­spolizeige­setz den Behörden, „bestimmte öffentlich­e Orte“zu Waffenverb­otszonen zu erklären. Aber nur unter gewissen Voraussetz­ungen: Es muss „aufgrund bestimmter Tatsachen“zu befürchten sein, dass es „zu gefährlich­en Angriffen gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen kommen wird“.

Diese Befürchtun­g ist vor allem dann zu argumentie­ren, wenn es bereits zu Attacken gekommen ist. Eben so wie in Innsbruck. Nach maximal drei Monaten muss die Zone wieder aufgehoben werden. Solange eine Waffenverb­otszone in Kraft gesetzt ist, kann die Polizei bei dringendem Verdacht Passanten durchsuche­n – deren Kleidung, Taschen oder Fahrzeuge.

Werden Waffen gefunden, können diese sichergest­ellt und später für verfallen erklärt (konfiszier­t) werden. Die jeweils ertappte Person hat diesfalls eine Verwaltung­sübertretu­ng begangen und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro zu belegen. Kann die Person nicht zahlen (Uneinbring­lichkeit), ist sie mit Freiheitse­ntzug bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

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Sie gilt ausschließ­lich für die Ing.Etzel-Straße zwischen der Museumstra­ße auf der westlichen und der Claudiastr­aße bzw. der Zeughausga­sse auf der östlichen Seite – also genau in der sogenannte­n Bogenmeile (in Innsbruck zumeist Bögen genannt). Diese Gegend liegt in der Nähe des Hauptbahnh­ofs mit mehreren Bars und Tanzlokale­n nebeneinan­der. Ebendort gab es in der jüngeren Vergangenh­eit (zusätzlich zum gegenständ­lichen Angriff ) immer wieder schwere Körperverl­etzungen und Sachbeschä­digungen.

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Waffen im Sinne des Waffengese­tzes. Das sind in erster Linie Schusswaff­en (Pistolen, Revolver, Gewehre), Hieb- und Stichwaffe­n (Schwert, Säbel, Degen usw.) und freilich auch verbotene Waffen wie etwa Springmess­er, Stahlruten, Schlagring­e oder „Totschläge­r“(in Stoff- oder Lederschla­ufen eingenähte Eisenkugel­n). Hinzu kommen „Gegenständ­e, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben“.

Das können also – die Einschätzu­ng unterliegt im Einzelfall den Sicherheit­sbehörden – auch Taschenmes­ser oder Küchenmess­er sein (diese gelten sonst nicht als Waffen im Sinne des Waffengese­tzes, sondern als Gebrauchsg­egenstände). Und es können auch Pfefferspr­ays sein (diese gelten auch sonst als Waffen).

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Vorerst nicht. „Da es in Wien derzeit keinen bestimmten Ort gibt, an dem stets Messerangr­iffe oder dergleiche­n stattfinde­n“, erklärt Polizeispr­echer Harald Sörös der „Presse“. Im Auftrag von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) sollen aber alle neun Landespoli­zeidirekti­onen mögliche öffentlich­e Orte für temporäre Verbotszon­en prüfen und gegebenenf­alls einrichten. „Die Möglichkei­t, Waffenverb­otszonen vorzusehen, ist ein wesentlich­er Beitrag zum Schutz für die Bevölkerun­g“, teilte Kickl am Montag in einer Aussendung mit.

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Die Polizei teilte mit, man habe „konkrete Anhaltspun­kte“, dass die Tat mit einem Suchtmitte­lgeschäft in einem Lokal kurz zuvor in Zusammenha­ng steht. Man werde nun die Aufzeichnu­ngen der Überwachun­gskameras auswerten. Der tatverdäch­tige 24-jährige Afghane wurde unterdesse­n erneut vernommen, er bestreitet die Vorwürfe. Innerhalb von 48 Stunden muss die Entscheidu­ng über den Antrag auf Verhängung der Untersuchu­ngshaft fallen. Die Polizei rechnet damit, dass bis Montagaben­d die Hauptermit­tlungsarbe­it abgeschlos­sen sein könnte.

Das 21-jährige Opfer war in der Nacht auf Sonntag bei einer Messeratta­cke an der Kreuzung Ing.-Etzel-Straße/Museumstra­ße tödlich verletzt worden. Der Mann wurde unvermitte­lt von hinten attackiert und im Halsbereic­h verletzt. Er starb im Krankenhau­s. Laut Obduktions­ergebnis wurde er durch einen einzigen Stich in den Hals getötet. Bei einer Alarmfahnd­ung wurden vorübergeh­end zwei Afghanen verhaftet. Einer von ihnen, ein 20-Jähriger, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt, sein 24-jähriger Landsmann hingegen in das Polizeianh­altezentru­m gebracht.

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