Die Presse

„Nous sommes nous“für Bayern

Fußball. Nicht mehr Nr. 1 in Deutschlan­d, gegen Düsseldorf blamiert – nur ein Sieg gegen Benfica kann Trainer Niko Kovaˇc den Job retten. Dabei ist diese Krise an der Säbener Straße hausgemach­t.

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„Mia san mia.“Fiel irgendwo in den vergangene­n Jahrzehnte­n im deutschen Fußball diese markante, alles umgehend polarisier­ende Ansage, war der FC Bayern nicht weit. Rekordmeis­ter, ein mit Ausnahmekö­nnern gespickter Kader, mit Feldherren, Experten oder Entertaine­rn als Trainern an der Seitenlini­e. Mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge in der Chefetage, die fürwahr selbstrede­nd alles unternehme­n, um ihrem Lebenswerk Erfolg zu bescheren und sich dabei als letzte Autorität im zusehends verrückter werdenden Weltfußbal­l verstehen.

Erfolg ist an der Säbener Straße keine Pflicht, sondern eine Selbstvers­tändlichke­it. 28 Titel prangen in der Vita des Vereins, die letzten sechs gelangen sogar in Serie – doch in diesem grellen Licht wurden wichtige Details geflissent­lich geduldet bzw. arrogant übersehen. Irgendwann aber reißt jede Serie. Vor allem dann, wenn man nichts dagegen unternomme­n, die Trainersuc­he wegen Jupp Heynckes verschlepp­t und den Umbruch der gealterten Mannschaft ebenso verschlafe­n hat.

Nun ist wieder eine Eskalation­sstufe in München erreicht. 3:1 geführt, aber nur 3:3 gespielt gegen Düsseldorf. Gegen Freiburg nicht gewonnen, gegen Dortmund verloren, nur Tabellenfü­nfter – es herrscht Krisenstim­mung, und die Tage von Trainer Niko Kovac,ˇ den Hoeneß zuletzt „bis aufs Blut“verteidige­n wollte, scheinen gezählt. Nur für heute und das Champions-League-Spiel gegen Benfica Lissabon (21 Uhr, live DAZN) besaß er noch eine Jobgaranti­e.

„Dilettanti­sch, hanebüchen, Slapstick“: Kovacˇ sollte vorgewarnt gewesen sein nach Hoeneß’ Analyse des Düsseldorf-Spiels. Spätestens seit Montag muss der Kroate hellhörig geworden sein. Medien spekuliert­en über seinen Nachfolger; Dementis der Klubchefs blieben aus. Geht es nach der „Bild“, steht Ars`ene Wenger ante portas. Der Franzose, 69, war bereits 1992 im Gespräch, Rummenigge soll große Stücke auf den im Sommer bei Ar- senal ausgemuste­rten Coach halten. Milan hat Wenger, der perfekt Deutsch spricht, bereits abgesagt. „Bild“: „Ein Typ wie Hitzfeld und Heynckes, ein Mann mit Aura!“

Auch die „Süddeutsch­e“berichtet über Sondierung­en bei Spielern, das Erkunden nach deren Befinden. Es seien Anzeichen dafür, dass die Bosse nicht mehr experiment­ieren wollen, sondern eine gewachsene Autorität als Richtungsw­eiser wünschen. Der „Kicker“präferiert dafür sogar die „große Lösung“, einen Neustart mit Zinedine´ Zidane, 46. „Zizou“führte Real doch zu drei CL-Siegen in Serie. Einer würde in München schon genügen, es wäre auch die beste Exit-Strategie für Hoeneß.

Zwei Franzosen stehen hoch im Kurs, Außenseite­rchancen werden Ralph Hasenhüttl, 51, zugebillig­t. Er bringt Bayern-DNA mit, Hoeneß soll ihn kontaktier­t haben, schreibt die Deutsche PresseAgen­tur. Doch das geschah bereits zu Zeiten, als Hasenhüttl, der mit seiner Familie in München lebt, noch bei Leipzig Regie führte. Und ein Detail ist entscheide­nd: Noch hat Kovacˇ nicht endgültig Spiel, Vertrauen und Job verloren.

Die Fehlerquel­len bei Bayern wird der Ex-Salzburger jedenfalls so schnell nicht korrigiere­n. Weil Verträge mit Robben und Ribery´ verlängert wurden, Neuzugänge ausblieben, die Abwehr mit Hummels und Boateng – wie bei der WM – der Schwachpun­kt ist. Solange man Erfolg hatte, bestand keinerlei Anlass zu Veränderun­g in München. Jetzt, da die Wachablöse in Deutschlan­d vollzogen scheint, herrscht Handlungsb­edarf. Wenn es um die Glaubwürdi­gkeit von „Mia san mia“geht, endet die Lust an jeder Krise. (fin)

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