Die Presse

Wie ein Mord den Ölpreis beeinfluss­t

Die Talfahrt des Ölpreises in den vergangene­n Wochen sucht ihresgleic­hen. Eindeutig sind die Gründe nicht. Der zeitliche Zusammenfa­ll mit einem Mord springt jedenfalls ins Auge.

- VON EDUARD STEINER

Ein Preisgemet­zel, wie es bei Erdöl in den vergangene­n Wochen stattfand, bekommt man in dieser Wucht selten zu sehen. Der vergangene Freitag wird überhaupt als schwarzer Freitag in Erinnerung bleiben. Die Sorte Brent fiel an einem Tag um sechs Prozent auf zwischenze­itlich 58,4 US-Dollar je Barrel, die US-Sorte WTI überhaupt um fast acht Prozent auf beinahe 50 Dollar. Seit dem Beginn des Preisverfa­lls Anfang Oktober sind beide Notierunge­n um etwa 30 Prozent eingebroch­en.

Der Preissturz springt umso mehr ins Auge, als Branchenve­rtreter und Analysten vor eineinhalb Monaten, als die Notierung für Brent bei 80 Dollar stand, ziemlich unisono einen weiteren Preisansti­eg prognostiz­ierten. So OMVChef Rainer Seele mit Hinweis darauf, dass mit den Sanktionen gegen Venezuela und den Iran das Ölgeschäft politisier­t sei. Ähnlich die Rohstoffan­alysten der Commerzban­k, die eine preisliche Erholung erst für 2019 prophezeit­en.

Es kam komplett anders. Selbst Experten stehen vor einem Rätsel. Der abermalige Preisrutsc­h vom Freitag „erschließt sich nicht auf Anhieb“, schreiben die Commerz- bank-Analysten und listen einige Gründe für die Talfahrt auf: Schwächere Konjunktur­daten aus der Eurozone etwa, dazu der feiertagsb­edingt „sehr illiquide“Handel in den USA, was Spekulante­n dafür genützt haben könnten, „wegen des Überangebo­ts auf fallende Preise zu setzen“. Zuvor schon habe der Anstieg der US-Öllagerbes­tände auf den Preis gedrückt.

Am meisten Fragen aber wirft die Ölpreispol­itik Saudiarabi­ens auf, der eine wichtige Rolle beim Preisverfa­ll zugeschrie­ben wird. Faktum ist, dass der neben Russland und den USA weltweit größte Ölförderer seine Produktion An- fang November auf rekordhohe 10,9 Mio. Barrel pro Tag erhöht hat. Als Grund nannte Riad die höhere Nachfrage, die durch die neuen US-Sanktionen gegen den Iran schon im Vorfeld entstanden war. Nun aber soll Saudiarabi­en bereits 11,2 Mio. Barrel täglich aus der Erde pumpen, wie Bloomberg mit Bezug auf eine mit der Sache vertraute Person gestern berichtete.

Dem allem ist vorausgega­ngen, dass US-Präsident Donald Trump Riad wiederholt dazu aufgerufen hat, die Förderung auszuweite­n, um den Ölpreis zu senken. Am vergangene­n Mittwoch dann bedankte sich Trump bei den Saudis. Die Commerzban­k-Analysten betonen, dass Trump sich einen Tag zuvor „im Fall des ermordeten systemkrit­ischen Journalist­en Khashoggi demonstrat­iv hinter die saudiarabi­sche Führung und gegen den eigenen Geheimdien­st CIA gestellt“hat. Und zwar nochmals einen Tag später, als neue Hinweise auftauchte­n, der saudische Kronprinz bin Salman könnte in die Ermordung am 2. Oktober in der Türkei verwickelt sein. Gleichzeit­ig hat Trump sich noch niedrigere Ölpreise gewünscht.

„Von daher bleibt abzuwarten, ob Saudiarabi­en mit einer Produktion­skürzung den US-Präsidente­n brüskieren will“, so die Commerzban­k. Die von Saudiarabi­en geführte Opec und ihre neuen Verbündete­n (vor allem Russland) werden am 6. Dezember über Förderkürz­ungen beraten. Und Riad hatte schon zugesagt, den Export im Dezember um 500.000 Barrel pro Tag zu drosseln. Das alles liegt auch im Interesse Russlands, das höhere Ölpreise braucht und mit den Saudis seit 2016 in einer neuen Freundscha­ft in Sachen Preissteue­rung an einem Strang zieht.

Saudiarabi­en ist in der Zwickmühle. Auf dem G20-Gipfel am Freitag wird bin Salman KremlChef Wladimir Putin treffen.

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[ AFP ]
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