Der Jugend gehört das Morgen, aber den Älteren nicht nur das Gestern
Altwerden ist offenbar vor allem eines: peinlich in einer Gesellschaft, die von ewiger Jugendlichkeit träumt. Pensionisten hingegen träumen von einem würdigen Leben.
Anti-Aging-Produkte fluten den Markt, schließlich soll das alte Sechzig ja zum neuen Vierzig gemogelt werden. Also lassen sich Frauen und zunehmend auch Männer von Schönheitschirurgen ihre Gesichter bis zur Unkenntlichkeit faltenfrei bügeln, Fett absaugen und diverse Dellen aufspritzen – in der fälschlichen Annahme, dass der aufgefrischte Schein ihr menschliches Sein bestimmt.
Andererseits leben immer mehr ältere Menschen an oder unter der Armutsgrenze. Ihre ASVG-Pensionen reichen nach der x-ten Reform nicht mehr für ein würdiges Leben. Blöderweise lassen sich aber auch im fortgeschrittenen Alter die Mieten und die Stromrechnungen nicht mit einem freundlichen Lächeln begleichen.
Die Pensionen sind der große Brocken im Staatsbudget. Hier müsse endlich angesetzt werden, fordern unentwegt Politikerinnen und Politiker, deren Tagesgage um einiges höher als die durchschnittliche ASVGMonatspension ist. Forsch wird Jung gegen Alt in Kampfstellung gebracht und mit dem Generationenvertrag herumgefuchtelt. Dabei wird gern vergessen, dass die Alten ihren Teil des Vertrags sehr wohl eingehalten, in ihrer aktiven Zeit fleißig Pensions- und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, Kinder in die Welt gesetzt und deren Ausbildung finanziert haben.
Hätten sie das, was sie für ihren Nachwuchs in Sachen Kindergarten, Schule, Kleidung, Nachmittagsbetreuung, Sprach-, Musik- und Theaterkursen täglich, monatlich, jährlich hingeblättert haben, direkt in eine private Pensionskasse eingezahlt: Ihr Lebensabend wäre nobel – unabhängig davon, wie finanzstark der Staat gerade ist.
In schöner Regelmäßigkeit wiederholen Pensionsexperten, die Menschen müssten länger arbeiten, sonst kippe das System. Aber ja, gern. Nur: Wie? Und wo? Und zu welchen Konditionen?
Die Arbeitslosenquote in der Generation 50 plus liegt mit mehr als sieben Prozent über dem Durchschnitt. Wer Glück hat, wird wenigstens mit einer Kopfgeld- prämie namens Golden Handshake in die Frührente geschickt. Immer öfter nutzen Unternehmen Altersteilzeit als elegantes, noch dazu staatlich gefördertes Sparprogramm.
Wer tatsächlich Glück hat, einen adäquaten Job findet oder in der Rente freiberuflich weiterarbeitet, der wird vom Staat kräftig abgeräumt; heißt: Obwohl man dank der Pension sowieso krankenund unfallversichert ist, werden Kranken-, Unfall- und – besonders bizarr – Pensionsversicherungsbeiträge eingehoben, wobei Letztere auf die Berechnung der Pension null oder nur marginalste Auswirkungen haben.
Am besten spart man bei den Pensionen natürlich, wenn die Menschen erst gar nicht alt werden. Unter diesem Aspekt sollte man auch das neue Rauchergesetz bewerten. Man könnte es insofern noch nachschärfen, als für Menschen ab, sagen wir, 50 der Zigarettenkonsum zwingend vorgeschrieben wird – mit dem positiven Nebeneffekt, dass das Geschäft mit Rauchwaren angekurbelt und folglich mehr Geld in die Staatskassen fließt.
Verkehrsminister Norbert Hofer hat das Pensionsbezieher-Reduktionsprogramm ja bereits unerschrocken in Angriff genommen und die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen – Umweltbelastung, Treibhauseffekt und Unfallgefahr hin oder her – streckenweise erhöht. Eine Ausweitung der mobilen Kampfzone ist somit angedacht.
Man muss das Tempobolzen also nicht nur emotionslos, sondern als wichtigen Beitrag zur Pensionskassensanierung ansehen. Natürlich gilt für Seniorinnen und Senioren Höchstgeschwindigkeitspflicht künftig auch bei Regen, Nebel, Schnee, Glatteis und schlechter Sicht. Stichhaltige Gerüchte, wonach Rasen sowieso immer lebensgefährlich ist, sogar bei staubtrockener Straßenlage, erst recht aber bei schlechten Witterungsverhältnissen, müssen schließlich erst belegt werden.