Zwischenzeitlich war man dann toleranter
Als Schüler einer evangelischen Volksschule im Norddeutschland der 1950er hatte ich es noch abgelehnt, kurze Hosen zu tragen, die mehr als ein Drittel des Oberschenkels bedeckten. Solche Hosen waren nämlich bei den Mitschülern als „katholisch“verpönt.
Noch in den 1970ern glaubte man vielerorts, für den Schulbesuch eine Mindestrocklänge a` la „nicht weniger als 5 cm über dem Knie“vorschreiben zu können. Immer ging es dabei nicht nur um die Kleidung, sondern um Ressentiments: Hinter jedem Dresscode steht letztlich die Verweigerung oder Unfähigkeit zu einer sachgerechten Begegnung mit dem, was fremd, anders oder neu ist.
Zwischenzeitlich war man dann toleranter geworden, ja Karl Poppers „offene Gesellschaft“wurde mancherorts explizit als gesellschaftspolitisches Ziel angestrebt. Jetzt allerdings glaubt nicht nur die österreichische Bundes- regierung, man könne durch ein Kopftuchverbot klarstellen, dass man die muslimischen Traditionen hierzulande nicht haben will.
Ein Anfang wird gemacht, und schon wird der Ruf laut, man möge doch auch gleich sämtliche religiösen Symbole aus dem öffentlichen Raum entfernen. Möglich, dass die Welt im Laufe von Jahrzehnten offener und gescheiter wird – daran zu glauben wird einem aber nicht leicht gemacht. Prof. Dr. K. Schedler, 3860 Heidenreichstein