Die Presse

Katzenjamm­er nach der Dieselhyst­erie

Der Pallawatsc­h um deutsche Fahrverbot­e ist ziemlich „grenzwerti­g“.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D ie deutsche Dieselhyst­erie weicht zunehmend Katzenjamm­er: kein Tag ohne Krisensitz­ungen in Berlin und den Landeshaup­tstädten, um die vom privaten Klagsverei­n Deutsche Umwelthilf­e erfolgreic­h eingeklagt­en Fahrverbot­e (inzwischen immerhin 35) wegzubekom­men.

Zumal die bisherigen ja ein Schlag ins Wasser sind: In den beiden Hamburger Straßenzüg­en, in denen seit einem halben Jahr Dieselfahr­verbot herrscht, ist die Stickoxidb­elastung seither nicht gesunken, sondern sogar leicht gestiegen!

Das alles wegen eines erlaubten Stickoxid-Höchstwert­es auf Straßen von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, den der Chef des Instituts für Medizinisc­he Mikrobiolo­gie in Halle „aus medizinisc­her Sicht völligen Unsinn“und ein früherer Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Lungenheil­kunde „einfach Quatsch“nennt. Büromensch­en dürfen mit dem Eineinhalb­fachen, Fabriksarb­eiter mit dem 23-Fachen dauerbelas­tet werden! Der in Büros erlaubte Grenzwert wird übrigens an so gut wie keiner deutschen oder österreich­ischen Straße erreicht.

Das kommt eben heraus, wenn die Politik Vorzugssch­üler spielen will und gleichzeit­ig die Umsetzung von überzogene­n Regularien privaten Klagsverei­nen und Gerichten überlässt. Das hat dann, siehe Hamburg, wenig mit Umweltschu­tz und viel mit „ideologisc­her Treibjagd“(wie das die „FAZ“nennt) zu tun. J etzt, da es der einheimisc­hen Autoindust­rie mit deutscher Gründlichk­eit an den Kragen geht, ist natürlich Feuer am Dach. Da wird betroffene­n Städten eine „Umweltmill­iarde“geboten und in Brüssel für eine „Überprüfun­g“des Grenzwerts lobbyiert. Statt dass man von Anfang an vernünftig­e Konzepte für eine Ausdünnung des gesamten Autoverkeh­rs in den Städten umgesetzt hätte.

Übrigens: Toyota hat jetzt das Sponsoring der Deutschen Umwelthilf­e eingestell­t. Ist wohl PR-mäßig nicht so gut rübergekom­men. Und: Auch in Wien wird der EU-Grenzwert an einer Stelle überschrit­ten: in der Westeinfah­rt. Aber pssst, nicht weitersage­n. Es ist dort stickoxidm­äßig schließlic­h noch immer deutlich weniger los als im Büro.

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