Die Presse

Senioren wollen vor VfGH ziehen

Sozialvers­icherung. Der Seniorenra­t will Mitsprache­recht in der Krankenver­sicherung. Die Österreich­er sollen die Kassenfunk­tionäre bei einer „Sozialwahl“wählen.

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Wien. „Wir können und werden uns diesen Ausschluss nicht mehr gefallen lassen.“Mit diesen Worten kämpft Ingrid Korosec, die Präsidenti­n des Seniorenra­ts, für mehr Mitsprache der Senioren in den Krankenver­sicherunge­n. Denn darauf habe der Seniorenra­t als gesetzlich­e Interessen­vertretung Anspruch. Doch auch die von der Regierung geplante Kassenrefo­rm sieht kein Mitsprache­recht der Senioren vor. Ändere sich das nicht, werde der Seniorenra­t prüfen, den Verfassung­sgerichtsh­of anzurufen.

Immerhin würden die Pensionist­en mit 2,4 Millionen Beitragsza­hlern fast ein Drittel der Mitglieder stellen und für 30 Prozent der gesamten Beiträge der Krankenver­sicherung verantwort­lich sein. Außerdem leisten die Pensionist­en mit 5,1 Prozent auch einen höheren Beitrag zum Budget der Krankenver­sicherung als Arbeitnehm­er (3,87 Prozent) und Arbeitgebe­r (3,78 Prozent). Dennoch sollen auch nach der geplanten Sozialvers­icherungsr­eform, die nächste Woche im Parlament beschlosse­n werden soll, nur Arbeitnehm­er- und Arbeitgebe­rvertreter in den zu besetzende­n Gremien sitzen. Der Seniorenra­t wäre künftig nur noch in der Hauptversa­mmlung vertreten. Aber da würden, wie Korosec sagt, „die Entscheidu­ngen nur noch abgenickt, und dann warten die Leute nur mehr auf die Würstel“. Sie fordert, dass in allen Organen der Krankenver­sicherung zumindest drei voll stimmberec­htigte Seniorenve­rtreter sitzen.

Deutschlan­d als Vorbild

Die Verwehrung des Mitsprache­rechts würde, so die Sicht Korosecs, gegen den Gleichheit­sgrundsatz und das Diskrimini­erungsverb­ot verstoßen. Der Seniorenra­t plant, ein Rechtsguta­chten dazu in Auftrag zu geben. Doch schon jetzt rechnet man sich mit einer etwaigen Beschwerde vor dem VfGH gute Chancen aus. Die SPÖ-Senioren gehen von einer solchen schon „fix“aus.

Dass den Senioren kein Mitsprache­recht gewährt wird, werde meist mit der mangelnden demokratis­chen Legitimati­on des Seniorenra­ts begründet, erklärt Korosec. Im Gegensatz zu den Kammern gibt es im Seniorenra­t nämlich keine Pflichtmit­gliedschaf­t. Sie hält von dem Argument nur wenig und plädiert für eine völlig neue Art der Gremienbes­etzung in den Sozialvers­icherungen.

Korosec kann sich Sozialwahl­en vorstellen. Bei solchen könnten alle wahlberech­tigten Österreich­er die Selbstverw­altungsorg­ane der Sozialvers­icherungst­räger direkt wählen. Vorbild ist Deutschlan­d, wo alle sechs Jahre solche Wahlen stattfinde­n. Die gewählten Vertreter von Versichert­en, Rentnern und Arbeitgebe­rn haben dann bei allen wichtigen Entscheidu­ngen das letzte Wort. (j. n.)

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