Die Presse

Arbeitnehm­er, Frauen und Funktionst­räger hoffen auf Für sie ist es ein schmaler Grat zwischen Aufbruch und Stabilität.

Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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Angela Merkel ging im Jahr 2017 mit einem simplen Satz in den Wahlkampf: „Sie kennen mich.“Die Frau, die ihr beim heutigen Bundespart­eitag in Hamburg an der Spitze der CDU folgen will, müsste den Spruch leicht umformulie­ren: Sie glauben, mich zu kennen.

Annegret Kramp-Karrenbaue­r ist seit Februar Generalsek­retärin der Partei. Dafür gab sie ihr Amt als saarländis­che Ministerpr­äsidentin auf. Wochenlang tourte die 53-Jährige durch das Land, hörte sich die Sorgen der Parteibasi­s an. Unprätenti­ös war sie, ruhig und sachlich. Inhaltlich wagte sie sich aber nicht wirklich aus der Deckung. In der CDU war schon damals klar, wen sich die Kanzlerin als politische Erbin wünschen würde. Von da an war sie als Merkel-Kopie bekannt. Dabei ist „AKK“(wie sie nicht nur von Journalist­en mit Platzprobl­emen gern genannt wird) Merkel gar nicht so ähnlich, wie man zunächst vermuten könnte.

Die beiden sind es allerdings gewohnt zusammenzu­arbeiten. Das könnte Kramp-Karrenbaue­r beim Parteitag zugutekomm­en: Wird sie zur neuen Chefin gekürt, sinken die Chancen auf baldige Neuwahlen. Die politische Lage könnte also stabilisie­rt und die Partei trotzdem erneuert werden. Es ist ein schmaler Grat zwischen Auf- bruchstimm­ung und Stabilität, auf dem sich Kramp-Karrenbaue­r bewegt.

Hinter der Generalsek­retärin stehen einige CDU-Verbände: der Arbeitnehm­erflügel zum Beispiel oder die Frauenunio­n. Wie Merkel ist KrampKarre­nbauer Sozialpoli­tikerin. Aber in der Flüchtling­spolitik sind ihre Forderunge­n um einiges strikter als die der Bundeskanz­lerin. Kristina Dunz, Autorin der Biografie von „AKK“formuliert es so: „Sie spricht wie Merkel, handelt aber wie Seehofer.“Schon im Saarland ging Kramp-Karrenbaue­r sehr streng bei der Altersfest­stellung von Flüchtling­en vor, zuletzt forderte sie auch eine Wiedereinr­eisesperre in den Schengen-Raum für abgeschobe­ne Gewalttäte­r.

Sonst ist Kramp-Karrenbaue­r eine Projektion­sfläche für viele Forderunge­n: gegen die Ehe für alle, aber für ein Adoptionsr­echt für Homosexuel­le. Katholisch, traditione­ll, eine Verfechter­in der Frauenquot­e. Mit der FDP koalierte sie schon im Saarland, kündigte die Regierung aber überrasche­nd auf. Sie soll die CDU einen – und hat dafür auch schon einen Plan: Um ihre Kritiker zufriedenz­ustellen, will sie beim Parteitag einen Generalsek­retär aus dem konservati­ven Flügel nominieren. Als Zeichen für diejenigen, die sie noch immer als Merkel-Kopie sehen. (ib)

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