Die Presse

Bekannt, aber nicht beliebt

Der dritte Kandidat. Gesundheit­sminister Jens Spahn ist der Außenseite­r unter den Bewerbern. Aber er hat ja noch Zeit.

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Als Jens Spahn im Jahr 2002 an seiner ersten Fraktionss­itzung im Bundestag teilnahm, war das nicht nur für den jungen Abgeordnet­en etwas Besonderes. Auch Friedrich Merz sollte das Treffen lange in Erinnerung bleiben: Der damalige Fraktionsc­hef gab seinen Vorsitz an seine Nachfolger­in ab, eine gewisse Angela Merkel. So schnell kann Macht schwinden, habe sich Spahn damals gedacht, erzählt er in einer ARD-Doku.

Auch heute, 15 Jahre später, ist Spahn dabei und doch nur Zuseher: Der 38-jährige Gesundheit­sminister kandidiert als CDU-Chef, doch ihm werden nur Außenseite­rchancen zugesproch­en. Neben Annegret KrampKarre­nbauer wird ihm ein anderer Kontrahent zum Verhängnis, nämlich Merz. Er spricht eine ähnliche Klientel wie Spahn an. Merkel-kritisch, wirtschaft­sfreundlic­h, konservati­v.

Spahns Ambitionen waren in der Partei lange bekannt, die Junge Union und Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble galten als seine Basis und Förderer. Vor allem rund um die Flüchtling­skrise lernte Spahn, mit provokante­n Tönen aufzufalle­n. „Bekannt bin ich schon, beliebt muss ich noch werden“, wird Spahn in seiner Biografie zitiert. Als Minister wollte er Sympathiep­unkte sammeln. Er hatte dafür nicht so viel Zeit, wie er erhofft hatte. Schäuble unterstütz­t Merz, die Junge Union im Zweifel auch. Spahn muss nun am eigenen Leib erfahren, wie schnell Macht schwinden kann.

Anderersei­ts hat er noch Zeit: So wie Merz könnte er in einigen Jahren ein Comeback versuchen. (ib)

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