Kreative Sonntagsöffnung im Advent
Geschenke. Einkaufen am Sonntag ist auch im Advent in der Wiener Innenstadt nur begrenzt möglich. Der Meinl am Graben hat heuer eine kreative Lösung gefunden – und öffnet das Geschäft.
Wien. Die Menschenmassen sind schon da, die Weihnachtsbeleuchtung ist längst installiert, ebenso die vielen Punschhütten. Und am Graben wurden die meisten Schanigärten abgebaut, um ab dem 12. Dezember den Christbaumverkäufern Platz zu machen. Nur eines wird es auch wieder nur sehr begrenzt in der Wiener Innenstadt geben (genauso wie in den anderen Bezirken): die Möglichkeiten, an Adventsonntagen einzukaufen. Wobei heuer eine ebensolche Möglichkeit dazukommt. Der Meinl am Graben öffnet an den ersten drei Adventsonntagen das Geschäftslokal im Erdgeschoß (wo sich vor allem Süßwaren und Weine befinden). „Das haben wir auch schon im Vorjahr gemacht und auch während des Jahres an Feiertagen“, sagt Geschäftsführer Udo Kaubek. Neu ist hingegen, dass das edle Traditionsgeschäft auch am letzten Adventsonntag, dem 23. Dezember (von 10 bis 18 Uhr), geöffnet haben wird, also das ganze Geschäft, inklusive Obergeschoß.
Schlupfloch über Gastronomie
Möglich sei das durch das Restaurant, das der Meinl am Graben im Obergeschoß beherbergt. Produkte, die im Restaurant verwendet werden, dürfen auch verkauft werden, lautet die Argumentation. Kaubek sieht das als Service für seine Kunden, da der 24. Dezember heuer auf einen Montag falle, und diese somit ihre Weihnachtseinkäufe am 23. erledigen könnten. Rentieren würde sich das angesichts der hohen Lohnnebenkosten nicht.
Der Merkur am Hohen Markt bleibt auch im Advent an Sonntagen geschlossen. Nur der Billa Corso im Herrnhuterhaus am Neuen Markt und der Bistroteil der SparFiliale in der Babenbergerstraße haben auch im Advent am Sonntag offen. Sonst beschränken sich die Einkaufsmöglichkeiten auf die Weihnachtsmärkte.
Dass es diese Ausnahmen nur im Lebensmittelhandel gibt, kommt nicht von ungefähr. Denn generell dürfen Geschäfte zwar am Sonntag nicht geöffnet haben – mit Ausnahme von Tourismuszonen, und eine solche ist Wien bekanntlich (gesetzlich) nicht. Die Ausnahmen, die es gibt, haben allerdings sehr oft einen gastronomischen Bezug. Die Wirtschaftskammer ist darüber – wenig erstaunlich – nicht gerade glücklich. „Es heißt einerseits vonseiten der Politik, das brauchen wir nicht. Andererseits gibt es immer wieder kreative Lösungen, die das Verbot der Sonntagsöffnung umgehen“, sagt dazu Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel in der Wiener Wirtschaftskammer (WKW).
Er ortet eine „Verlogenheit der Debatte“und sieht den Wiener Handel von der Konkurrenz aus Bratislava, Sopron, Prag und vor allem dem Onlinehandel bedroht. Schon im Frühling hat die Kammer vorgeschlagen, Händlern zu erlauben, probeweise an sechs Sonntagen im Jahr geöffnet zu haben – bisher ohne Erfolg. Neu sei dieser Vorschlag nicht: In den 1970er-Jah- ren habe es bereits einen solchen Goldenen Sonntag gegeben.
Ausnahmen und Irrtümer
Derzeit bleiben also nur die „kreativen Lösungen“und die vielen Ausnahmeregeln, um die Sonntagsöffnung zu ermöglichen. Einfach ist es nicht, hierbei den Durchblick zu bewahren. Eine häufige Fehlannahme ist es etwa, dass kleine Händler am Sonntag öffnen dürften, wenn sie selbst oder ein Familienmitglied im Geschäft steht. „Das stimmt nicht, das ist in Niederösterreich erlaubt, aber nicht in Wien“, sagt Klaus Puza, Spartengeschäftsführer der WKW. Wer hingegen am Sonntag offen haben darf, sind Süßwarenhändler (warum genau, kann Puza nicht sagen, es sei einfach schon immer so gewesen), Souvenirhändler und Bäcker, sofern sie da auch backen, und natürlich Tankstellen und Geschäfte in Bahnhöfen.
Während es etwa für die Modebranche kein Schlupfloch gibt, gilt das für den Lebensmittelhandel sehr wohl. Da lautet das Zauberwort nämlich Gastronomie. Wobei auch hier der Teufel im Detail steckt. Geschäfte, die bereits vor dem 29. Mai 2013 geöffnet waren, brauchen lediglich einen gastronomischen Bereich. Bei jenen, die danach eröffnet wurden, muss der gastronomische Charakter überwiegen. „Das hat mit der Lex Deli zu tun, die ja damals die SchleckerFilialen übernommen haben“, erklärt Puza. Damals wurden die Gesetze dementsprechend geändert. Der Meinl am Graben besteht bekanntlich schon etwas länger.