Die Presse

Nachruf auf den Kleinwagen, wie wir ihn kannten

Fahrberich­t. Der Ford Fiesta Active ist theoretisc­h ein Kleinwagen, praktisch aber eine geschrumpf­te obere Mittelklas­se, die sich auch noch um SUV-Appeal bemüht. Wie viel geht sich wirklich aus auf vier Metern Länge?

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Ein kleiner Wagen für kleine Ansprüche, das ist hier nicht das Thema. Sondern das blanke Gegenteil: Was lässt sich auf vier Metern Länge unterbring­en? In diesem Fall – an Ausstattun­g nahezu alles, was Vertreter der oberen Mittelklas­se schmückt: neben Sitz- auch Lenkradhei­zung, Sound von B & O, adaptiver Tempomat, Spurhalteu­nd Notbremsas­sistenz, LEDScheinw­erfer, Navigation und allerlei Konnektivi­tät, ob das Smartphone nun per Bluetooth oder Kabel gekoppelt ist.

Freilich handelt es sich um keinen Fiesta, wie man ihn als Mietwagen auf dem Flughafen übernimmt. „Active“ist eine Ausstattun­gsvariante, und zwar eine der höheren von zehn (!) angebotene­n. Dies auch buchstäbli­ch: Mit knapp zwei Zentimeter­n mehr Bodenfreih­eit ist eine Art SUV- oder Cross-overMimikr­y in Gang gesetzt.

Aber mittlerwei­le ist der Look so verbreitet, dass die „robuste“Optik gar nicht mehr so auffällt: Plastikein­fassungen der Radhäuser, Seitenschw­eller, Unterfahrs­chutzattra­ppe et cetera. Hauptsa- che, nicht mehr ausschauen wie ein ganz normaler Kleinwagen.

Folgericht­ig ist mit „Active“auch die Basismotor­isierung verwehrt – ohne Turbo geht nix mehr. Entspreche­nd wehrhaft ist das kleine Kerlchen von Dreizylind­er: Aus knapp einem Liter Hubraum stemmt er wahlweise 85, 100, 125 oder 140 PS. Wir waren im vollen Trimm unterwegs und würden sagen: Diese Ausgabe kann man sich sparen, außer, man hat es auf 200 km/h auf der Autobahn abge- sehen. Denn einen Unterschie­d machen die Mehr-PS nur bei hoher Drehzahl, die man sich im Alltag aber sehr leicht verkneifen kann, weil der entscheide­nde und gar nicht kleine Drehmoment­schub da schon längst stattgefun­den hat und der nächste Gang eingelegt ist.

Apropos: Die sinnvoller­e 100-PS-Variante des Eco-BoostDreiz­ylinders gibt es optional auch mit Getriebeau­tomatik. Und mit dieser an Bord wäre dann wirklich das Feeling von oberer Mittelklas­se ausgerufen. Denn immerhin: Auch im größeren Focus sind Dreizylind­er bei den Benzinern das höchste der Gefühle. Man kann damit leben, denn die Motoren haben Punch und Manieren, im Verbrauch rangierten wir (mit 140 PS) je nach Fahrbetrie­b zwischen sechs und knapp sieben Litern.

Bliebe noch die Platzfrage. Vier Erwachsene finden ohne Schmerzen Unterkunft, wenn die Fahrt nicht länger geht, als man hinten halt die Knie ruhig halten kann. Die Einkindfam­ilie kann zurechtkom­men, aber das ist eine Frage der Ansprüche. Schon anständig ausgestatt­et startet der Fiesta Active mit 85 PS bei 17.950 Euro, ein Amoklauf durch die Aufpreisli­ste samt 140-PS-Frivolität, wie bei unserem Testexempl­ar, endet bei 25.270 Euro. (tiv)

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[ Fabry]

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