Das unverhoffte Schützenfest
Biathlon. Simon Eder hat vorgelegt: Mit neuem Trainer und neuem Material läuft der Salzburger auch in seinem zweiten Saisonrennen auf das Stockerl. Martin Fourcade eröffnet standesgemäß.
Was die vergangenen sieben Jahre im BiathlonWeltcup galt, das gilt auch in diesem Winter: Gegen Martin Fourcade ist kein Kraut gewachsen. Solange der 30-jährige Franzose gesund ist und keine Ladehemmungen hat, gewinnt er auch. Beim Saisonauftakt im Einzel auf der slowenischen Pokljuka hat er sich mit der hohen Startnummer 87 gehörig verpokert – die Loipe wurde immer weicher und langsamer – und dennoch reichte es zum Sieg über 20 Kilometer.
Dahinter aber ist alles offen. Gut 20 Athleten können jederzeit aufs Stockerl laufen, darunter auch Österreichs arrivierte Dreifachspitze mit Simon Eder, Dominik Landertinger und Julian Eberhard. Der 35-jährige Eder hat nun gleich beim ersten Saisonrennen zugeschlagen, der Salzburger traf alle 20 Scheiben, zeigte eine ordentliche Laufleistung und landete auf Platz drei, 19,7 Sekunden hinter Fourcade und 15,5 Sekunden hinter dem deutschen Überraschungsmann Johannes Kühn.
„Der Zwanziger ist immer brutal, vor allem in dieser Höhe (1300 Meter, Anm.). Die Loipe war tief, ich habe mir schwergetan, läuferisch ans Limit zu gehen. Beim Schießen habe ich versucht, nicht zu schnell zu arbeiten“, meinte Eder nach dem 20. Podestplatz seiner Karriere. Dass sein Gesamtpaket nach der Flaute im vergangenen Winter bereits beim Saisonauftakt funktioniert, noch dazu eine Woche vor den Heimrennen in Hochfilzen, sei „natürlich genial“. Schon am Wochenende war er mit Lisa Hauser in der SingleMixed-Staffel Zweiter geworden.
Dabei ist vieles neu bei Eder. Seine separate Trainingsgruppe mit Trainervater Alfred Eder und Trainer-Cousine Sandra Flunger gibt es nicht mehr. Alle ÖSV-Biathleten sind nun in Hochfilzen versammelt, neuer Herrenchef dort ist der deutsche Olympiasieger Ricco Groß, 48. Eder fühlt sich in dieser Konstellation wohl, erklärte er, auch Vater Alfred ist weiterhin mit dem einen oder anderen Rat zur Stelle. Zudem sind die vor dem Saisonstart obligatorischen Infekte heuer ausgeblieben, auch der Skiwechsel von Fischer zurück auf Atomic ist geglückt.
Seit jeher einer der schnellsten Schützen im Feld (Trefferquote Vorsaison: 89 Prozent), blieb Eder auf der Pokljuka zum erst zweiten Mal über 20 km fehlerfrei. „Bei einem Schuss habe ich die Patrone rausrepetiert. Das hat sicher 10 bis 15 Sekunden gekostet, wichtig war im Endeffekt aber der Nuller.“
Weil es über die 20-km-Distanz, für viele immer noch die Königsdisziplin im Biathlon, im laufenden Weltcupwinter nur noch einen weiteren Bewerb geben wird (im Februar im kanadischen Canmore), lebt sogar Eders Chance auf eine Kristallkugel. Fernziel des 35-jährigen Familienvaters, der im Sommer in Saalfelden ein Haus gebaut hat, bleibt Olympia 2022.
Mit Felix Leitner (17., bestes Karriereresultat), Landertinger (33.) und Eberhard (37.) klassierte der ÖSV in Slowenien weitere Athleten in den Punkterängen. Landertinger, der dieser Tage sein erstes Kind erwartet, leistete sich drei Schießfehler, bei Eberhard zeigte sich ein gewohntes Bild: läuferisch top, aber vier Fehlschüsse.
Bemerkenswert einmal mehr das Tempo von Fourcade-Herausforderer Johannes Thingnes Bø. Der Norweger, 25, markierte überlegene Laufbestzeit, wurde trotz dreier Strafminuten noch Siebenter (+ 1:11,9 Min.). Heute folgt der 10-km-Sprint (14.15 Uhr, live ORF eins, Eurosport, ARD).