Warum die USA Huawei im Visier haben
Verhaftung. Auf Geheiß der US-Regierung lässt Kanada eine Topmanagerin des chinesischen Technologieriesen Huawei verhaften. Vordergründig geht es um die Iran-Sanktionen. Der wahre Grund könnte aber ein anderer sein.
Peking. Fünf Tage lang gelang es dem chinesischen Unternehmen Huawei, die Verhaftung seiner Finanzchefin geheim zu halten. Inzwischen hat die Firmenleitung des weltweit größten Netzwerkausstatters zugegeben: Meng Wanzhou ist in Haft. Kanadische Polizisten hätten sie auf ihrem Rückflug nach China auf dem Flughafen von Vancouver festgenommen. Ein Fehlverhalten sei dem Unternehmen aber nicht bekannt. Die kanadischen Behörden hätten auch nur wenige Informationen vorgelegt.
Meng, die sich mit Vornamen auch Sabrina nennt, ist bereits seit dem 1. Dezember in Haft. Sie ist die Tochter des HuaweiPatriarchen Ren Zhengfei und eine der reichsten Frauen Chinas. Die Verhaftung erfolgte nach Angaben der kanadischen Zeitung „The Globe and Mail“auf Geheiß des US-Justizministeriums.
Der 46-Jährigen wird vorgeworfen, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, die die USA gegen den Iran verhängt hat. Als Vor- standsmitglied von Huawei trage sie unmittelbare Verantwortung. Die USA haben ihre Auslieferung beantragt.
Tatsächlich ermitteln die USA bereits seit 2016 gegen Chinas erfolgreichstes Unternehmen, das in der Netzwerktechnik weltweit führend ist – also lange bevor Donald Trump US-Präsident wurde und das Iran-Abkommen aufkündigte. Die USA hatten 2015 ihre Sanktionen gegen den MullahStaat nur für kurze Zeit aufgehoben. Huawei soll jedoch all die Jahre Produkte in den Iran geliefert und damit nach Ansicht des US-Justizministeriums gegen Sanktionsgesetze verstoßen haben.
Peking übt scharfe Kritik
China hingegen hält an dem Atomabkommen fest und erkennt die Sanktionen gegen den Iran nicht an. Allerdings hat Trump mehrfach gedroht, auch die Unternehmen zu sanktionieren, die sich dem widersetzen. Daraufhin haben sich auch einige chinesische Firmen aus dem Iran zurückgezogen.
Auf die Verhaftung der Huawei-Topmanagerin reagierte die chinesische Regierung am Donnerstag mit scharfer Kritik. Chinas Außenamtssprecher Geng Shuang forderte ihre umgehende Freilassung. Einen direkten Zusammenhang zum andauernden Handelsstreit mit den USA stellte der Regierungssprecher aber nicht her. Offenbar will China die gerade erst wieder aufgenommenen Verhandlungen mit den USA nicht gefährden. Trump und Chinas Staatspräsident, Xi Jinping, haben erst am vergangenen Wochenende am Rande des G20-Gipfels in Buenos Aires einen 90-tägigen „Waffenstillstand“vereinbart. Hinter den Kulissen ist der Unmut in Peking allerdings groß. Von einer „neuen Runde des Handelskriegs“ist in Regierungskreisen die Rede.
In Europa ist Huawei vor allem bekannt für seine Smartphones, die das Unternehmen inzwischen auch in schmucken Geschäften in zahlreichen deutschen Innenstädten anbietet. Bei den weltweiten Marktanteilen hat Huawei zuletzt sogar Apples iPhone von Platz zwei verdrängt. Das Hauptgeschäft macht Huawei allerdings mit Netzwerktechnik. Ein Drittel der weltweiten Netzwerke ist von dem chinesischen Unternehmen. In Deutschland, etwa beim Ausbau des schnellen LTE-Funknetzes, nutzen alle drei Mobilfunk-Netzbetreiber Technik von Huawei, für die Deutsche Telekom ist Huawei sogar der wichtigste Lieferant. In Österreich setzten A1 und T-Mobile auf die Technologie der Chinesen.
In den USA hingegen gibt es seit einigen Jahren einen Bann gegen Huawei. US-Geheimdienste warnen, Huawei könne im Auftrag der chinesischen Regierung beim Netzwerksausbau Spionagetechnik eingebaut haben. Einen Beleg haben die Geheimdienste nie geliefert. Inzwischen haben sich allerdings auch Australien und Neuseeland dem Bann angeschlossen. Vergangene Woche kündigte der britische Provider BT an, keine Huawei-Komponenten mehr zu nutzen.
Spionagevorwurf gegen Huawei
Einem Bericht des „Wall Street Journal“zufolge verlangt Washington auch von Deutschland, keine Technik mehr von Huawei zu nutzen. Die Deutsche Telekom hält die Spionagevorwürfe für unbegründet. Einen Verzicht, wie von den USA gefordert, könnten sich die deutschen Netzbetreiber gar nicht leisten. Dafür sei der Bedarf an Netzwerkausrüstung zu groß.
Konsequent in ihrer Politik gegen chinesische Netzwerkausstatter sind allerdings auch die USA nicht. Ebenfalls wegen Missachtung der Iran-Sanktionen und angeblichen Spionageverdachts hatte Washington im Sommer auch gegen den chinesischen Netzwerkausrüster ZTE einen Boykott verhängt. Trump hob den Bann auf, nachdem Chinas Staatschef, Xi Jinping, persönlich ihn darum bat. Das schmeichelte Trump offenbar. ZTE kam mit einer Geldstrafe davon.