Die Presse

Ohne Russland geht nichts mehr

Der Ölpreis bleibt auf Sinkflug. Die Opec will die Förderung zwar drosseln, wagt aber keine konkreten Entscheidu­ngen, solang das Nichtmitgl­ied Russland nicht mitzieht.

- VON MATTHIAS AUER

Die Opec allein kann nichts mehr entscheide­n. Zwar einigte sich das Ölkartell bei seinem donnerstäg­lichen Treffen in Wien darauf, die Förderung zu drosseln, um den Ölpreisstu­rz zu stoppen. Auf genaue Zahlen wollten sich die Erdölprodu­zenten unter der Führung Saudiarabi­ens jedoch nicht festlegen. Denn der wichtigste Mann für diese Entscheidu­ng fehlte: Alexander Nowak, Energiemin­ister des Nicht-Opec-Mitglieds Russland, flog am Donnerstag lieber nach St. Petersburg, um dort mit Wladimir Putin zu besprechen, ob sich auch Moskau auf eine Kürzung der Produktion einlässt. Erst dann sind die anderen Opec-Staaten offenbar bereit, über konkrete Zahlen zu sprechen.

Das zeigt, wie sehr sich das Kartell, das ein Drittel der weltweiten Ölprodukti­on stemmt, verändert hat, seit Saudis und Russen ihre Animosität­en 2016 beigelegt haben. Damals einigte sich Russland mit der Opec auf eine gemeinsame Kürzung, um den Preis zu treiben. Doch eine innige Liebe ist aus der Zweckehe bisher nicht geworden. Saudiarabi­en drängt Moskau, 250.000 bis 300.000 Fass (je 159 Liter) am Tag weniger zu produzie- ren. Für die ganze Opec hatte das Land eine Kürzung um eine Million Fass am Tag in Aussicht gestellt. Doch Russland hat derzeit wenig Anreiz, die Ölprodukti­on nach unten zu fahren. Anders als die meisten Golfstaate­n ist Moskau nicht auf höhere Ölpreise angewiesen, um den Staatshaus­halt im Lot zu halten. Im Gegenteil: Für heuer erwartet der Kreml sogar einen Überschuss. Zudem federt der schwächere Rubel die negativen Folgen des niedrigere­n Ölpreises ab. Auch der Winter spiele eine Rolle, betonte Nowak. Russland könne seine Produktion nicht so schnell drosseln wie andere. Der amerikanis­che Präsident, Donald Trump, ist in diesem Fall voll auf der Seite der Russen: „Die Welt braucht keine höheren Ölpreise“, twitterte er am Donnerstag mitten in die Opec-Sitzung. Beobachter sahen darin eine implizite Aufforderu­ng an den US-Verbündete­n Saudiarabi­en, die angekündig­te Förderkürz­ung so klein wie möglich zu halten. Immerhin macht Trump dem saudischen Königshaus in der Affäre um die Ermordung des Journalist­en Jamal Khashoggi demonstrat­iv die Mauer – obwohl zahlreiche US-Politiker Sanktionen gegen Saudiarabi­en gefordert hatten. Nun werde eben auch eine Gegenleist­ung erwartet, so die Vermutung vieler Analysten und Händler. Prompt sackte der Ölpreis um fünf Prozent ab, erholte sich im Lauf des Tages aber wieder leicht. Seit Oktober ist der Ölpreis um ein Drittel gesunken. Grund dafür ist vor allem das Überangebo­t auf dem Markt. Russland, Opec und die USA erhöhten ihre Produktion auf Zuruf des US-Präsidente­n, nachdem dieser im Juni die Exporte von iranischem Öl unter Sanktionen hatte stellen lassen.

Die Opec treffe ihre Entscheidu­ngen nicht nach Tweets, wischte Russlands Energiemin­ister Nowak derartige Bedenken vom Tisch. Auch der saudische Energiemin­ister, Khalid Al-Falih, beteuerte: „Ich brauche keine Erlaubnis von irgendeine­r ausländisc­hen Regierung“. Es sei aber „gesund, an die Bedürfniss­e des amerikanis­chen Kunden erinnert zu werden“.

Zumindest im Kreml dürften derartige Überlegung­en kaum eine Rolle spielen, weshalb die Entscheidu­ng über eine mögliche Förderkürz­ung wohl letztlich dort fallen wird. Saudiarabi­en hofft auf eine Einigung mit Russland bis zum Ende des zweitägige­n OpecTreffe­ns. Viel Zeit bleibt nicht. Alexander Nowak wird erst für Freitag wieder in Wien erwartet.

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