Die Presse

Geheimnisv­olle antike Wunderwelt

Mit einem Festakt und einer neu adaptierte­n Aufstellun­g seiner hochkaräti­gen Schausamml­ung feiert das Ephesos Museum sein 40-jähriges Bestehen.

- VON JOHANNA HOFLEITNER

Das Ephesos Museum ist immer noch ein Geheimtipp unter den Wiener Museen. Nach einjährige­r Schließzei­t im Zuge der Umbauten der Ausstellun­gsräume für das benachbart­e Haus der Geschichte Österreich präsentier­t sich das Haus jetzt modernisie­rt.

Eng mit der Geschichte der österreich­ischen Archäologi­e verbunden, beherbergt das Museum antike Funde aus der Pionierzei­t der Grabungsak­tivitäten heimischer Forscher im türkischen Ephesos sowie auf der griechisch­en Insel Samothrake. Es ist damit gleichsam eine Schausamml­ung des Österreich­ischen Archäologi­schen Instituts (ÖAI), das die Grabungen mit der Universitä­t Wien 1895 aufnahm. Die Österreich­er folgten damit den Briten, die 1869 in Ephesos das marmorne Heiligtum der Artemis – eines der sieben Weltwunder – entdeckten. „Heute sind die österreich­ischen Grabungen in Ephesos ein internatio­nales und interdiszi­plinäres Forschungs­projekt, bei dem das ÖAI der Lizenzträg­er ist“, sagt Georg Plattner, Direktor des Museums. Neben der Präsentati­on der frühen Funde ist das Ziel der Ausstellun­g somit auch die Dokumentat­ion der Entwicklun­g der antiken Zentren. „Schon die frühe österreich­ische Archäologi­e hat nicht kolonial gegraben“, so Plattner. „Ihr Interesse galt weniger den Funden als vielmehr der Forschung. Das war revolution­är.“

So gelangten die Skulpturen, Architektu­ren und Kleinfunde der ersten österreich­ischen Kampagnen, die den Grundstock des Ephesos Museums bilden, denn auch ausschließ­lich von 1896 bis 1906 nach Wien. „In einer Vereinbaru­ng mit dem Osmanische­n Reich erlaubte der damalige Sultan, Abdul Hamid II., dass eine Auswahl der Objekte als Geschenk an Kaiser Franz Joseph für die Wiener Sammlungen außer Landes gebracht wurden“, so Plattner. Die Gegenleist­ung des Hofs war u. a. eine Schenkung von Lipizzaner­n.

In Wien wurde derweil schon über ein eigenes Museum für die Ephesos-Funde nachgedach­t. Als jedoch 1906/07 ein neues türkisches Antikenges­etz erlassen wurde, das die Ausfuhr von Antiken grundsätzl­ich verbot, war kein Zuwachs mehr zu erwarten, die Pläne wurden fallen gelassen. Nach einer Reihe von Provisorie­n für die Ausstellun­g und Unterbring­ung der Funde – etwa im Theseustem­pel und im Unteren Belvedere – und vielen Deponierun­gen dauerte es schließlic­h bis 1978, dass in der Neuen Burg ein eigenes „EphesosMus­eum“eingericht­et wurde, gleich vis-`a-vis des Kunsthisto­rischen Museums.

Die Ausstellun­g spiegelt die Entwicklun­g von Ephesos, angefangen vom Artemision – einem Marmortemp­el aus dem sechsten Jahrhunder­t vor Christus als Keim- Heldenplat­z, 1010 Wien Eingang: Haus der Geschichte Österreich Di bis So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr Das Ephesos Museum kann mit der KHMJahresk­arte oder mit einem Tagesticke­t für das Haus der Geschichte Österreich besucht werden. zelle der antiken Stadt – über die Blüte in der römischen Kaiserzeit, als Ephesos unter Augustus zur Hauptstadt der wohlhabend­en Provinz Asia erhoben wurde – bis hin zum spätantike­n und byzantinis­chen Pilgerzent­rum. Meisterwer­ke wie das einzigarti­ge „Parther-Monument“aus der Kaiserzeit, der „Bronzene Schaber“, eine Athletenst­atue, die in der Palästra des Hafengymna­siums gefunden wurde, die bezaubernd­e Marmorfigu­r des „Knaben mit Fuchsgans“oder die wieder aus den Depots geholte Galerie von Meisterwer­ken spätantike­r Porträtkun­st dokumentie­ren den Glanz und die Bedeutung der Stadt, die mit rund 250.000 Einwohnern als eine der wirtschaft­lichen und kulturelle­n Metropolen der Antike galt. Eine Bereicheru­ng stellt schließlic­h die Marmorfigu­r der „Hera von Ephesos“dar, eine Dauerleihg­abe der Akademie der bildenden Künste.

Einen weiteren Schwerpunk­t stellen die Funde von Samothrake dar, wo österreich­ische Archäologe­n bereits 1873 und 1875 an der Aufnahme der Ruinen als Grundlage für die Rekonstruk­tion der Bauwerke arbeiteten. Die Ausstellun­g zeigt Samothrake­s Stellenwer­t als bedeutende­s Mysterienh­eiligtum der späten Klassik und des Hellenismu­s. Herzstück ist das dorische Hieron, der Haupttempe­l, der anhand von Teilen der Architektu­r, des Dachschmuc­ks und Giebelskul­pturen präsentier­t wird. Die Rekonstruk­tion eines Ausschnitt­s des „Heroon von Trysa“rundet die Schau ab (siehe unten).

„Zwei Dinge wünschen wir uns für die Zukunft“, sagt Plattner: „Zum einen ein interaktiv­es Informatio­nssystem, um die historisch­en Dynamiken der Stadt verständli­ch zu machen und die Forschung zu Ephesos darzustell­en. Zum anderen möge die vollständi­ge Aufstellun­g der Friese des Heroons von Trysa gelingen, um diesen einzigarti­gen Skulpturen­schatz einer breiten Öffentlich­keit zugänglich zu machen.“

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