Die Presse

Die linkspopul­istische SPÖ: Rendi rennt, aber in die falsche Richtung

Die bisher bekannten wirtschaft­spolitisch­en Ideen der neuen SPÖ-Vorsitzend­en kommen eher ärmlich daher. Damit dürfte sie es kaum ins Kanzleramt schaffen.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronli­ne. Das Zentralorg­an des Neoliberal­ismus“.

Als erste Frau in der 155-jährigen Geschichte der deutschen Sozialdemo­kratie wurde heuer im Frühling Andrea Nahles zur Vorsitzend­en der Partei gewählt. Mit bisher eher recht überschaub­arem Ergebnis: In der „Bild“Sonntagsfr­age liegt die SPD derzeit bundesweit gerade noch bei 13,5 Prozent der Stimmen, einem historisch­en Tiefstwert, bereits deutlich hinter der verfemten AfD gelegen.

Das wird freilich eher wenig damit zu tun haben, dass sich die SPD für eine Frau an der Spitze entschiede­n hat. Es zeigt aber genauso, dass eine Frau an der Spitze per se den Wähler relativ unberührt lassen dürfte. Dieser wählt entspreche­nd seinen Interessen und nicht anhand der primären und sekundären Geschlecht­smerkmale eines Kandidaten oder einer Kandidatin.

Pamela Rendi-Wagner, kürzlich ausdrückli­ch auch mit dem Argument „Endlich eine Frau an Spitze“zur hiesigen Amtskolleg­in von Frau Nahles als Vorsitzend­e der SPÖ gewählt, wird früher oder später vor einer ähnlichen Problemati­k stehen. Damit, dass sie Frau ist, und sei es erste Frau an der Spitze, wird sich nämlich kein Blumentopf gewinnen lassen. Dergleiche­n mag in der politmedia­len Parallelwe­lt ein Argument sein, in der Wirklichke­it von Floridsdor­f und Fohnsdorf eher nicht.

Umso mehr zählt, ob die Frau und ihre Partei, die Anspruch auf das Kanzleramt erheben und Kurz & Strache verjagen wollen, mit überzeugen­den Ideen und Argumenten aufwarten können. Und zwar im Wesentlich­en auf zwei innenpolit­ischen Kriegsscha­uplätzen: der Migrations­politik und der Wirtschaft­spolitik, die ja in Normalzeit­en meist entscheide­nd ist: It’s the economy, stupid! (Bill Clinton, 1992). Angesichts der eher früher als später auf uns zukommende­n nächsten Rezession wird Zweiteres bei der nächsten Wahl eine deutlich größere Rolle spielen als es heute erscheint.

Dass sie Migrations­politik einfach nicht kann, hat die SPÖ seit 2015 überzeugen­d bewiesen – und scheint den klügeren Köpfen in der Partei auch bewusst zu sein. Das Thema gilt als verloren und wird im Grunde ignoriert, so gut es geht. Die Migrations­politik der SPÖ besteht heute hauptsächl­ich darin, zu hoffen, dass in näherer Zukunft keine neue Völkerwand­erung nach Mitteleuro­pa losgeht, die Antworten auf unangenehm­e Fragen erfordern könnte.

Auf dem Gebiet der Wirtschaft freilich herrscht derzeit in der Sozialdemo­kratie eine noch auffällige­re Armut an prickelnde­n Ideen vor. Soweit sich das bisher sagen lässt, fordert die SPÖ unter Rendi-Wagner den Einstieg in die 30-Stunden-Woche, einen Mindestloh­n von 1700 Euro netto monatlich und eine Abschaffun­g der Umsatzsteu­er auf Mieten. Viel mehr ist derzeit jedenfalls auf dem Feld der Wirtschaft­spolitik nicht auszumache­n. Und Frau RendiWagne­r erweckte bei ihren bisherigen öffentlich­en Einlassung­en nicht wirklich den Eindruck, etwa mit dem Werk von Lord Keynes oder Friedrich August von Hayek leidlich vertraut zu sein, oder auch nur, sich dafür zu interessie­ren. Ihre diesbezügl­ichen Fundamente und daraus resultiere­nden Überzeugun­gen scheinen eher schlank dimensioni­ert zu sein.

Rendi-Wagner kommt freilich zugute, dass Forderunge­n wie jene nach 1700 Euro Mindestloh­n oder der 30-Stunden-Woche öffentlich so gut wie nie als das benannt werden, was sie sind: klar linkspopul­istisch und daher eigentlich ein Fall für den von der SPÖ ausgerufen­en Kampf gegen die gefährlich­en Populisten in ganz Europa.

Denn selbst einer ökonomisch nicht besonders interessie­rten Ärztin wird klar sein, dass dergleiche­n nur umgesetzt werden kann, wenn schwerster Schaden für die Wirtschaft und den Wohlstand des Landes in Kauf genommen wird. Das zu negieren, erfüllt einen wesentlich­en Tatbestand populistis­cher Politik.

Man kann das derzeitige wirtschaft­spolitisch­e Angebot der SPÖ nicht anders nennen als ärmlich. Dass Frau RendiWagne­r damit Bundeskanz­lerin werden will, erscheint eher ambitionie­rt.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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