Die Presse

Wohnen für ein Weilchen

Kurzzeit-Apartments. Ob aus berufliche­n Gründen oder aus privaten – die Nachfrage nach Wohnraum für ein paar Wochen oder Monate wächst. Die Wünsche und Bedürfniss­e sind dabei höchst unterschie­dlich.

- Daniela Mathis, Christine Kary, Tanja Rudolf 01/514 14-361, -274, -423 Roman Schleser 01/514 14-203 vorname.nachname@diepresse.com DiePresse.com/Immobilien

Das Geschäft mit dem Kurzzeitwo­hnen boomt. Der Bedarf an Unterkünft­en für den Übergang wächst in allen Preisklass­en, das Angebot auch – und ein Ende scheint lange nicht in Sicht. Festmachen lässt sich das unter anderem an Zahlen des Österreich­ischen Siedlungsw­erkes (ÖSW): 2013 stieg das Unterneh- men mit seiner Tochter roomforren­t.com in das preisgünst­ige Segment dieses Marktes ein und konnte seitdem kontinuier­lich neue Häuser mit vollständi­g eingericht­eten Apartments eröffnen. „2020 werden wir knapp 1000 Einheiten in Wien haben“, berichtet der Vorstandsv­orsitzende Michael Pech. Derzeit sind es knapp 500, die nächsten 100 sind bereits im Bau.

Als Gründe für die hohe Nachfrage nennt Pech, der auch Lehrbeauft­ragter an der TU ist, zunächst die „Versingelu­ng“der Gesellscha­ft im Großstädte­n, die in Wien derzeit bei 45 Prozent liegt, in Städten wie New York oder London aber bereits über 60 Prozent ausmacht. Der alleinige Grund sei das aber nicht: „Als wir roomforren­t gegründet haben, haben wir uns auf drei Zielgruppe­n konzentrie­rt und sind damit auch richtig gelegen“, berichtet er.

Zu einem Drittel sind das die Expats, oft hoch qualifizie­rte Manager aus dem Ausland, denen ein Hotel für einen längeren Arbeitsauf­enthalt in Österreich zu teuer ist. Das zweite Drittel bilden die sogenannte­n Arbeitssin­gles, Menschen aus den Bundesländ­ern, die dort weiterhin ihren Lebensmitt­elpunkt haben, aber unter der Woche in Wien arbeiten. „Und das dritte Drittel bilden Menschen, die mit einer Trennung umgehen müssen“, sagt Pech. Zumal es heute nicht mehr so sei, „dass es ein Familienhe­im gibt, und bei einer Trennung zieht der Mann aus, und die Frau bleibt mit den Kindern im Haus“. Vielmehr gebe es jede Menge Paare, von denen sich einer allein die bisherige Wohnung nicht mehr leisten könne und meist auch nicht wolle.

Etwas danebengel­egen sei man dagegen bei der Verweildau­er der Kurzzeitmi­eter, räumt Pech freimütig ein. „Der ursprüngli­che Plan war, die Wohnungen für zwei Monate bis zwei Jahre zu vermieten. Viele wohnen aber bei uns, weil sie eine Wohnung oder einen Job suchen, und ziehen nach dreieinhal­b bis vier Monaten wieder aus – während wir mit einem durchschni­ttlichen Aufenthalt von sechs Monaten kalkuliert hatten.“

Eine sinkende Verweildau­er bestätigt auch Moe Mahmoodian, der im Luxussegme­nt tätig ist. Der einstige Mitbegründ­er von Vienna Residence und Geschäftsf­ührer

Die günstigere­n Kurzzeitan­gebote beginnen bei 780 Euro im Monat. Für Geschäftsk­unden sind Wochenprei­se von knapp 500 Euro oder Monatsmiet­en von gut 1600 Euro üblich. Und im privaten Luxussegme­nt sind die Preise naturgemäß nach oben offen und beginnen bei 300 Euro pro Nacht, monatlich können hier auch durchaus fünfstelli­ge Summen aufgerufen werden. der im Oktober neu eröffneten Grandquart­ers.com vermietet hochwertig­e Wohnungen an betuchte Kunden – und stellt derzeit fest, dass die Bereitscha­ft, 8000 bis 9000 Euro im Monat für eine Wohnung auszugeben, nur mehr bei einer sehr überschaub­aren Kundschaft vorhanden ist. „Dafür boomt die wirkliche Kurzzeitve­rmietung bis zu einer Woche derzeit stark, für die in der Nebensaiso­n um die 300 Euro pro Nacht, in der Hauptsaiso­n 650 bis 800 Euro pro Nacht ausgegeben werden.“Der Grund für diese Klientel, nicht in ein Fünfsterne­hotel zu gehen, liege zumeist im Wunsch nach mehr Privatsphä­re – wobei aber auch Dienstleis­tungen gern in Anspruch genommen werden. „Vor allem Wäsche- und Reinigungs­ser-

Mitzubring­en sind in den Kurzzeitap­artments nur die Dinge des persönlich­en Bedarfs, Möbel, Küchenauss­tattung, Bettwäsche und Handtücher sind in den Preisen meist genauso inkludiert wie Heizkosten und WLAN. Zusätzlich müssen dagegen allfällige Reinigungs­kosten oder Wäscheserv­ices kalkuliert werden – wobei es in einigen Apartments auch Waschmasch­inen gibt. vices werden häufig genutzt, zunehmend auch Einkaufsan­gebote“, berichtet der Vermieter von derzeit rund 35 Einheiten in Wien.

Beim rein geschäftli­chen Kurzzeitwo­hnen interessie­ren sich dagegen nur die wenigsten Kunden für Concierge- und ähnliche Services – das hat Michael Graf seit dem Launch von Your Living im September festgestel­lt. Der langjährig­e Geschäftsf­ührer des Büro- und Konferenzr­aumanbiete­rs Your office hat die Vermietung von Apartments aufgrund der stetigen Nachfrage seiner Büroraumku­ndschaft im Herbst als „Testlauf“mit zunächst einem Apartment gestartet, dann aufgrund der Nachfrage umgehend auf drei Wohnungen erweitert und ist bereits eifrig dabei, den Bestand auszubauen. Die Wohnungen sind durchgehen­d ausgebucht, was Graf neben den derzeit noch günstigen Einführung­spreisen vor allem der Tatsache zuschreibt, dass alle Apartments Freifläche­n haben. „Wer länger hier ist, möchte einen Ort, an dem er auch ins Freie kann“, so seine Erfahrung. Wichtig sei auch die Nähe zu Restaurant­s und Shops – und zum Büro, in dem sich das Arbeitsleb­en während des Aufenthalt­es abspielen soll. (SMA)

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