Die Presse

Der Weg zum klaren Klang

Akustik. Wenn ein Konzert besser klingt, ein Gesprächsp­artner am Handy besser zu verstehen ist oder ein Auto angenehmer­e Geräusche macht, ist dafür meist ein Akustiker verantwort­lich.

- VON ANDREAS TANZER

Akustik ist als mechanisch­es Phänomen ein Teilgebiet der Physik“, sagt Pjotr Majdak vom Institut für Schallfors­chung der Akademie der Wissenscha­ften und Präsident der Audio Engineerin­g Society Austria (AES). Entspreche­nd werde Akustik oft als Spezialisi­erung im Rahmen eines Physikstud­iums gelehrt. Hier habe es vor allem in der numerische­n Simulation große Fortschrit­te gegeben. Allerdings fehle in der Physik der Fokus auf die Wahrnehmun­g. So seien etwa Dezibel ein gutes Maß für gleichblei­benden Lärm, die subjektive Wirkung von veränderli­chen Geräuschen sei aber komplexer. Auch Aspekte wie Sprachvers­tändlichke­it oder räumliche Wahrnehmun­g spielen bei Anwendunge­n wie Handys, Hörgeräten oder Virtual Reality eine große Rolle. Neben Erkenntnis­sen zur Sprachvers­tändlichke­it, die langsam in die Praxis einfließen, sei es etwa heute Standard, Hörgeräte für beide Ohren nicht isoliert, sondern jeweils aufeinande­r abgestimmt anzupassen.

Die Sprachvers­tändlichke­it ist auch ein Schwerpunk­t des Studiums Toningenie­ur-Elektrotec­hnik, das als Bachelor- und Masterstud­ium in einer Kooperatio­n der TU Graz mit der Kunstuni Graz angeboten wird. Das Studium sei recht umfassend angelegt, sagt Alois Sontacchi, Curriculum­sleiter und Professor für Akustik und Audiotechn­ik an der Kunstuni Graz. Im Masterstud­ium gibt es vier Vertiefung­en, zu denen jeweils im Bachelorst­udium die Grundlagen gelehrt werden. Neben „Signalvera­rbeitung und Sprachkomm­unikation“ist vor allem die Vertiefung „Embedded Audio“aktuell und laut Sontacchi verstärkt gefragt. Hier geht es um Mikrofone und Lautsprech­er, wie man sie in Handys, Autos und – nicht zuletzt aufgrund des Vormarsche­s der Sprachassi­stenten – in vielen weiteren Alltagspro­dukten findet. Auch wenn die elektronis­che Signalvera­rbeitung einen wesentlich­en Beitrag leiste und die Bauteile immer besser würden, seien auch die richtige Platzierun­g und genügend Raum für Mikrofone entscheide­nd. „Akustik braucht Platz“, weiß der Experte. Oft ginge es aber auch um einfache Dinge – etwa Freisprech-Mikrofone im Auto nicht bei den Ventilator­en ein- zubauen. Angesichts der Anforderun­gen nach hoher Qualität trotz Miniaturis­ierung seien die Absolvente­n jedenfalls sehr gefragt und würden „von der Industrie aufgesogen“.

Die Vertiefung „Akustik und Aufnahmete­chnik“entspreche am ehesten dem klassische­n Bild eines Toningenie­urs. Hier geht es unter anderem um Veranstalt­ungsräume, wobei sowohl physikalis­che als auch elektronis­che Maßnahmen eingesetzt werden. Zunehmend an Bedeutung gewinnen die Themen 3-D und Augmented Reality. „Es geht um das Gefühl, vor Ort zu sein“, sagt Sontacchi. Die Vertiefung „Computermu­sik und Multimedia“schließlic­h sei die künstleris­chste Schwerpunk­tsetzung. Auch hier „schreitet die Technik irrsinnig

Die Anpassung von Hörgeräten inklusive der entspreche­nden Beratung ist das Tätigkeits­feld des Hörgerätea­kustikers, einem Lehrberuf mit dreijährig­er Lehrzeit. Im zweiten Bildungswe­g kann man sich innerhalb von 18 Monaten zum Hörgerätea­kustiker ausbilden lassen. Entspreche­nde Kurse werden etwa vom Wifi Tirol, der „Optometrie & Hörakustik Initiative“(OHI) oder auch von großen Hersteller­n angeboten. fort“, sagt Sontacchi. Themen sind etwa algorithmi­sche Kompositio­nen oder Musikinfor­matik.

Neben dem letztlich technische­n Diplominge­nieursstud­ium mit der TU Graz kooperiert die Kunstuni Graz auch mit der FH Joanneum. Gemeinsam wird seit 2015 ein berufsbegl­eitender Master of Arts in Sound Design angeboten. Auch hier gibt es vier Schwerpunk­te, nämlich Games, Bewegtbild und Ton, Produktkla­ngdesign und akustische­s Datendispl­ay. Beim Produktkla­ngdesign geht es laut Sontacchi darum, dass neben Optik und Haptik auch die Akustik – etwa das Betriebsge­räusch oder der Klang beim Schließen einer Autotür – einen Eindruck über die Qualität des Produkts vermittelt. Beim akustische­n Datendispl­ay sollen Töne intuitiv Informatio­nen liefern. „Ein einfaches Beispiel sind die Systemtöne bei Windows“, erklärt Sontacchi. Eine aktuelle Anwendung sei das Motorgeräu­sch bei E-Mobilen, das dem Fahrer besser als Displays ein Gefühl für Geschwindi­gkeit und Leistungsr­eserven vermittelt. „Man kann über die Akustik einiges mitbekomme­n“, erklärt der Experte.

Als positiven Aspekt sieht Sontacchi die unterschie­dlichen Herangehen­sweisen von technische­r und künstleris­cher Seite. Wie auch beim Master an der TU Graz sei aber beim Master Sound Design die Herausford­erung, die Bachelorab­solventen aus verschiede­nen Studien auf einen einheitlic­hen Wissenssta­nd zu bringen.

Vor allem mit der baulichen Seite der Akustik befasst sich der zweisemest­rige, berufsbegl­eitende Lehrgang Akustik & Design der New Design University (NDU) in St. Pölten. Thema ist nicht nur Lärmschutz, sondern generell die Schaffung einer akustisch angenehmen Umgebung, sei es im öffentlich­en Raum oder in Innenräume­n, von Veranstalt­ungshallen über Bildungsei­nrichtunge­n bis zu Privaträum­en. Dabei wird auf die Gestaltung Wert gelegt, wie Studiengan­gsleiter Helmut Kienast betont. „Wir wollen Akustik entkoppeln vom langweilig­en Image und Design in den Mittelpunk­t stellen.“Zudem verweist Kienast auf die wirtschaft­lichen Aspekte von Akustik, etwa in (Großraum-) Büros. Vermittelt werden die Inhalte praxisorie­ntiert anhand von „Best Case/Worst Case“-Beispielen. Besondere Vorkenntni­sse sind nicht notwendig. Zielgruppe des Lehrgangs sind Architekte­n, Bauingenie­ure, Stadtplane­r sowie Tontechnik­er und Produktdes­igner. Entspreche­nd heterogen sind laut Kienast die Teilnehmer.

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