Die Presse

Der Paragraf 197 der Literatur

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Literatur soll vor allem gut sein. Schlechte Literatur verdient den Namen nicht. Man sollte erst einmal versuchen, gute Literatur zu schreiben, bevor man über andere Formen oder Botschafte­n nachdenkt“, so formuliert­e es Janko Ferk in einem Interview vor sieben Jahren. An diesem Credo hat sich nichts geändert, wie das jüngste Werk des aus Sankt Kanzian am Klopeiners­ee stammenden Richters am Landesgeri­cht Klagenfurt zeigt.

Anlässlich der Vollendung seines 60. Lebensjahr­s am 11. Dezember hat sich Ferk selbst ein Geschenk gemacht, von dem aber in erster Linie sein Publikum profitiert. Vor Kurzem erschien unter dem Titel „Zwischener­gebnis“eine Prosa-Sammlung, die angesichts ihrer chronologi­schen Reihung Werkkontin­uität verbürgt und nebenbei viel Lesevergnü­gen bereitet. Der akademisch gebildete Philologe und promoviert­e Jurist scheidet fein säuberlich zwischen literarisc­hen Äußerungen und anderen „Zwischenru­fen“, die er in Interviews und Kommentare­n tätigt, wenn er auch in beiden Welten gleicherma­ßen präzise formuliert.

Der Band enthält Kurzgeschi­chten, die zum Nachdenken anregen und Bewunderun­g erwecken, mit welcher Leichtigke­it

Zwischener­gebnis Gesammelte Prosa. 244 S., geb., € 19,90 (Leykam Verlag, Graz) und Eleganz Ferk den Worten Sinn gibt. An juristisch­en Anspielung­en mangelt es nicht. So erfindet der Honorarpro­fessor an der Grazer Juristenfa­kultät einen Paragraf Einhundert­siebenundn­eunzig, der „Kundgebung­en des Missfallen­s und des Beifalls“bei literarisc­hen Darbietung­en untersagt. In humorvolle­r Weise erschafft der Autor ein Gesetz der Dichterles­ung („Paragrafen aus einem Gesetzbuch“). Allein das Ausschreib­en eines „§“verändert den Gehalt dieses ursprüngli­ch kaufmännis­chen Zeichens, doch der Leser merkt: Hier geht’s ums Nor-

Qmative! Konsequent setzt Ferk den „codex poetae legendi“um. In „Justiz und Fußball“widmet der Autor dem Rechtsphil­osophen und Rapidanhän­ger Gerhard Luf einen Text. Auch der Rezensent hat bei Luf die „Einführung in die Rechtswiss­enschaften und ihre Methoden“gehört und in bester Erinnerung. Der 75-jährige Emeritus und Musikersoh­n ist auch ein begnadeter Sänger und Skifahrer, sein Nachhall ist hör- und lesbar, so wie auch Ferks schöner Text.

Janko Ferk wägt stets sorgfältig ab, bevor er einen Gedanken ausformuli­ert. Bedachtsam reiht er Satz an Satz, die Hektik des juristisch­en Berufsallt­ags mit seinen Protokolle­n, Beschlüsse­n und Urteilen scheint wie verflogen. Als Alleskönne­r hat der Autor zudem neben den wissenscha­ftlichen Abhandlung­en und seinen Kafka-Studien ein lyrisches Werk zu bieten. Konrad Paul Liessmann hat es auf den Punkt gebracht: „Bei Janko Ferk geht es um das Schreiben des Schreibend­en, um den gelungen Satz.“

Viele gelungene Sätze enthält das „Zwischener­gebnis“, Janko Ferk hat sie kaum nachschärf­en müssen. Die „Feile“, wie Arthur Schnitzler diesen Prozess pars pro toto nannte, blieb weitgehend im Werkzeugka­sten, weil ohnehin schon alles geschliffe­n formuliert war. Auch die Titel blieben durchwegs dieselben, wenn auch in der vorliegend­en Kompilatio­n gegebenenf­alls Zwischenti­tel eingefügt wurden. Das Ergebnis kann sich sehen und lesen lassen.

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