Die Presse

Höhere Strafen für Gewalttäte­r

Reform. Wenn Verbrecher rückfällig werden, soll die Höchststra­fe auf das Eineinhalb­fache steigen. Auch Mindeststr­afen sollen verschärft werden. Das schlägt die von der Regierung eingesetzt­e Kommission vor.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Die Regierung will, dass Sexual- und Gewalttäte­r strenger bestraft werden, und hat dafür eine Taskforce eingesetzt. Die in diesem Rahmen tätig gewordene Kommission Strafrecht hat nun ihre Beratungen abgeschlos­sen. Sie schlägt vor, dass der psychische Zustand des Opfers stärker berücksich­tigt wird, die Bußen für Serientäte­r in die Höhe gehen und neue Mindeststr­afen eingezogen werden. Die wichtigste­n Erkenntnis­se der Reformgrup­pe im Detail: 1 Die vergangene Strafrecht­sreform hat schon für strengere Urteile gesorgt. Eine für die Reformgrup­pe erstellte Studie der Universitä­t Wien beleuchtet­e die Folgen der 2016 in Kraft getretenen Strafrecht­s reform. Schon damals waren strengere Strafen bei Gewalt- und Sexualdeli­kten das Ziel.

Und tatsächlic­h hat das Strafmaß bei Verurteilu­ngen wegen vorsätzlic­her Körperverl et zungs delikte zugenommen. Bei Sexualdeli­kten sind die jährlichen Schwankung­en höher, weil es hier weniger Fälle gibt. Es zeige sich aber etwa beim Tatbestand der Vergewalti­gung, dass die Tendenz zu mehr unbedingte­n Freiheitss­trafen gehe, erklärt Christian Pilnacek, Generalsek­retär im Justizmini­sterium und Sekt ions chef für Strafrecht. Ihm oblag die Leitung der Reformkomm­ission, an der auch Vertreter der juristisch­en Berufe, der Gewalt schutz zentren und des Innenminis­teriums beteiligt waren.

Die universitä­re Studie kommt zum Schluss, dass es besser wäre, die Folgen der bisherigen Reform noch länger zu evaluieren, statt wieder eine Novelle zu erlassen. Gleichzeit­ig habe man aber den Auftrag der Regierung, nach V er schärfungs möglichkei­ten zu suchen, sagt Pilnacekim­Gesprä ch mit der „Presse“. Und diesem Wunsch sei man mit mehreren Ideen nachgekomm­en. 2 Strengere Höchststra­fen bei Rückfalltä­tern, mehr Rücksicht auf die Psyche des Opfers. Wurde jemand wegen einer Vorsatztat schon zweimal bestraft und wird er wieder rückfällig, so soll sich die ihm nun blühende Höchststra­fe auf das Eineinhalb­fache der sonstigen Buße erhöhen. Und zwar zwin- gend und nicht, wie bisher, nur wenn es der Richter für angemessen hielt. Bei Vergewalti­gungen würde das Strafmaß dadurch von zehn auf 15 Jahre steigen. Das heißt nicht, dass der Täter gleich die Höchststra­fe ausfassen muss. Aber dadurch, dass die Höchststra­fe dann stets eine strengere ist, fällt im Rahmen der richterlic­hen Strafbemes­sung das Urteil auch jedenfalls härter aus.

Als allgemeine­r Grund für eine Verschärfu­ng der Strafe soll es auch gelten, wenn das Opfer durch die Tat eine „nachhaltig­e Beeinträch­tigung des psychische­n Wohlbefind­ens“erlitten hat. 3 Neue Mindeststr­afen im Einzelfall bei besonderer Gewalt oder einer Tat gegen Angehörige. Auch bei Delikten, für die grundsätzl­ich keine Mindeststr­afe vorgesehen ist, soll es künftig öfter eine geben. Und zwar dann, wenn ein Täter sich besonders verwerflic­h verhalten hat. Diese Regel gilt bereits jetzt, wenn ein Täter eine Person unter 14 Jahren unter Anwendung von Gewalt oder einer gefährlich­en Drohung geschädigt hat. Nun sollen Mindeststr­afen auch greifen, wenn sich die Tat gegen nahe Angehörige oder besonders schutzbedü­rftige Personen richtet oder zum Beispiel eine Waffe im Spiel war. Bei einer einfachen Körperverl­etzung (grundsätzl­ich keine Mindestbuß­e) beträgt das Strafmaß dann zum Beispiel mindestens zwei Monate.

Handelt es sich um ein Delikt, bei dem eine Mindeststr­afe schon vorgesehen ist, soll diese unter den genannten Umständen höher ausfallen. Bei Vergewalti­gung (sonst ein Jahr Mindeststr­afe) würde die Mindeststr­afe dann zwei Jahre betragen. 4 Strengere Strafen bei dauerhafte­m Stalking, aber keine eigene „Lex Maurer“. Wer eine Person mehr als ein Jahr verfolgt (zum Beispiel ihr ständig hinterherl­äuft oder Nachrichte­n schickt), soll bis zu drei Jahre Haft (bisher ein Jahr) erhalten können. Beim Delikt Cybermobbi­ng wird klargestel­lt, dass man keine Bilder, die die Intimsphär­e verletzen, ins Internet stellen darf.

Kein neuer Tatbestand wird von den Experten für Fälle wie jenen der Ex-GrünenPoli­tikerin Sigrid Maurer vorgeschla­gen (sie wurde per Internet obszön beleidigt, weil die Nachrichte­n aber nur an sie gingen, war das nicht gerichtlic­h strafbar).

Möglicherw­eise kommt es diesbezügl­ich aber noch zu einer Verschärfu­ng im Verwaltung­sstrafrech­t. Darüber entscheide­n dürfte die Taskforce, die von der im Innenminis­terium angesiedel­ten Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler geleitet wird. An sie geht nun auch der Bericht der Strafrecht­sexperten.

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