Die Presse

Schlinge um Trump wird enger

USA. Eine Gefängniss­trafe für seinen Ex-Anwalt Michael Cohen und die Aussagen des Herausgebe­rs des Revolverbl­atts „National Enquirer“machen dem Präsidente­n zu schaffen.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Der Präsident der Vereinigte­n Staaten ist angezählt: Das ist der Eindruck nach den jüngsten Entwicklun­gen um Schweigege­lder für ehemalige Geliebte und die Einmischun­g Russlands in die Wahl 2016. Die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsentheb­ung im neuen Jahr erscheint im Bereich des Möglichen. Dass Donald Trump vor Ende seiner Amtsperiod­e am 20. Jänner 2021 das Weiße Haus verlassen muss, gilt aber nach wie vor als unwahrsche­inlich.

Im Kern geht es um zwei Anschuldig­ungen, die unterschie­dlicher kaum sein könnten, aber indirekt miteinande­r verbunden sind. Einerseits soll Trump im Wahlkampf 2016 seinen Anwalt Michael Cohen angeleitet haben, zwei ehemalige Sexpartner­innen mit Geld zum Schweigen zu bringen. Ein Pornostar und ein Playboy-Model wollten über ihre Affären mit dem einstigen Immobilien­tycoon auspacken. Das hätte sich vor der Wahl nicht gut gemacht. Also ließ Cohen 130.000 Dollar beziehungs­weise 150.000 Dollar an die zwei Frauen überweisen.

Anderersei­ts, so der Vorwurf, soll Trump im Vorfeld der Wahl von Russlands Einmischun­g gewusst und womöglich gar mit dem Kreml kooperiert haben. Dafür gibt es bisher keinerlei Beweise.

Das Schweigege­ld an die Geliebten ist aus mehreren Gründen bedenklich und auch verboten, wird aber allein nicht ausreichen, um Trump des Amtes zu entheben. Weil die Zahlungen nicht offiziell deklariert wurden, handelt es sich um eine nicht gestattete Finanzieru­ng des Wahlkampfs. Cohen hat das gestanden, ebenso wie mehrfachen Steuerbetr­ug, und wurde am Mittwoch zu drei Jahren Haft verurteilt. Wenn Trump, wie Cohen behauptet, von den Zahlungen gewusst hat, hätte auch er das Gesetzt gebrochen. Ein amtierende­r Präsident kann allerdings strafrecht­lich nicht verfolgt werden, so sieht es die Verfassung vor. Hintergeda­nke der Gründungsv­äter war, dass der Staatschef Wichtigere­s zu tun habe, als sich mit Prozessen herumzusch­lagen.

Peinlich ist die Affäre für Trump allemal. Der Präsident bestritt stets, dass die Sexaffären je stattgefun­den haben und wollte auch von den Zahlungen nichts gewusst haben. Dem widerspric­ht nun auch ein langjährig­er Vertrauter Trumps, der Herausgebe­r des „National Enquirer“, David Pecker. Das Model Karen McDougal hatte sich 2016 an das Revolverbl­att gewandt, um mit ihrer Ge- schichte an die Öffentlich­keit zu gehen. Pecker habe daraufhin Trumps Wahlkampft­eam kontaktier­t und im Auftrag Cohens Karen McDougal 150.000 Dollar überwiesen. Damit wollte man sichergehe­n, dass die Affäre den Ausgang der Wahl nicht beeinfluss­e.

Diese Aussage könnte Trump politisch zum Verhängnis werden. Wenn nämlich auch der Kongress befinden sollte, dass die Verheimlic­hung der Affären den Wahlausgan­g entscheide­nd beeinfluss­t hat, läuten für Trump die Alarmglock­en. Die unlautere Beeinfluss­ung eines Urnengangs ist theoretisc­h ein Grund für die Amtsentheb­ung. Diese wird vom Abgeordnet­enhaus mit einfacher Mehrheit eingeleite­t. Weil die Demokraten ab Jänner im Repräsenta­ntenhaus wieder die Macht übernehmen, gilt dieser Schritt mittlerwei­le als wahrschein­lich. Um den Präsidente­n tatsächlic­h aus dem Amt zu jagen, wäre in der Folge eine Zweidritte­lmehrheit im Senat erforderli­ch. Dass es dazu kommt, ist nach wie vor äußerst unwahrsche­inlich, auch weil Trumps Republikan­er immer noch den Senat dominieren.

Damit ihm auch seine eigene Partei letztlich den Rücken zuwendet, müsste Trump wohl eine Kooperatio­n mit Russland nachgewies­en werden. Die diesbezügl­ichen Untersuchu­ngen von Robert Mueller laufen noch. Wann der Sonderermi­ttler seinen Abschlussb­ericht vorlegen wird, ist unklar. Cohen könnte eine entscheide­nde Rolle spielen. Er kooperiert mit Mueller, sonst hätte er eine höhere Haftstrafe bekommen. Sollte Trump tatsächlic­h von einer Unterstütz­ung Moskaus 2016 gewusst haben, könnte ihn Cohen zu Fall bringen, so das Kalkül von Trumps Gegnern. Der Präsident zeigt sich zumindest nach außen hin wenig besorgt: Er sei Opfer einer „Hexenjagd“, wiederholt er – und Cohen sei ein „Lügner“.

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