Die Presse

Industrie-Chef: „Wohlstand baut auf Zuwanderun­g“

IV-Präsident Georg Kapsch stellt der Regierung ein gemischtes Zeugnis aus.

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„Österreich war in den vergangene­n Jahrzehnte­n ein Zuwanderun­gsland, darauf baut ein Teil unseres Wohlstands auf. Das zu leugnen, ist absurd.“Das Zeugnis, das Industriel­len-Präsident Georg Kapsch der türkisblau­en Regierung nach einem Jahr ausstellt, ist gemischt. Während er die Reformakti­vitäten im Wirtschaft­sbereich positiv sieht – „die neue Regierung ist effiziente­r“–, kritisiert Kapsch die Immigratio­nspolitik.

„Wir haben keine Willkommen­skultur, keine offene Gesellscha­ft“, sagte der als liberal geltende IV-Präsident am Donnerstag im Klub der Wirtschaft­spublizist­en. Natürlich könne und solle man nicht die Tore komplett öffnen, aber der akute Fachkräfte­mangel sei nur durch eine Zuwanderun­g von qualifizie­rten Fachkräfte­n aus Drittstaat­en zu mildern. Kapsch sieht daher die Neuerungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte positiv. Jetzt müsse man erst sehen, ob der gewünschte Effekt eintritt.

Prinzipiel­l lasse sich über die von der Regierung angekündig­ten – und nicht komplett umgesetzte­n – Reformen diskutiere­n, betonte Kapsch. Positiv seien auf jeden Fall die neuen Arbeitszei­tregeln (Zwölf-Stunden-Tag) und das Standorten­twicklungs­gesetz, das Verfahren beschleuni­gen soll.

Was den großen Brocken der Steuerrefo­rm betrifft, die für 2020 geplant ist, wünscht sich der IV-Chef, dass mehr Budgetante­ile in Investitio­nen fließen und weniger in Transferle­istungen. Bei Letzteren würde er in gewissen Fällen Sach- gegenüber Geldleistu­ngen bevorzugen. Ein Beispiel seien Gratiskind­ergärten.

Eigentlich sei eine „Steuerstru­kturreform“notwendig – „diese wird aber nicht kommen“, gab sich Kapsch realistisc­h. Auf jeden Fall müsse die Steuerlast für Arbeitgebe­r und -nehmer gleicherma­ßen sinken, was Investitio­nen und den privaten Konsum ankurbeln würde. Mit dem Ergebnis, dass Steuereinn­ahmen steigen würden. Apropos Einnahmen: Kapsch, Unternehme­r und Eigentümer der gleichnami­gen Industrieg­ruppe, warnte davor, sich bei der Ausrichtun­g des Staatshaus­halts auf die Konjunktur zu verlassen. Diese lasse wieder nach. „Ich muss das Budget auf ein Wachstum von nur einem Prozent ausrichten.“Die Gegenfinan­zierung müsse über die Gesundheit­s-, Pensions- und Föderalism­usreform erfolgen. (eid)

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