Die Presse

Wie Versicheru­ngen die Angst vor Hackern nehmen

Kriminalit­ät. Für Unternehme­n sind Angriffe aus dem Netz alles andere als angenehm. Versicheru­ngen haben ein neues Geschäftsf­eld entdeckt.

- VON NICOLE STERN

Computerha­cker, die von ihren Opfern Lösegeld in Form von Bitcoins verlangen. Was nach schlechtem Film klingt, wurde für ein Hotel auf der Turracher Höhe im vergangene­n Winter Realität. Bereits mehrfach in der Saison war der Betrieb Ziel von Angriffen aus dem Netz geworden. Schließlic­h folgte der Super-GAU: Die Schlüsselk­arten der Zimmer blockierte­n, weshalb man „Schutzgeld“zahlte. Das Management kündigte damals an, seine Lehren aus dem Fall zu ziehen. Beim nächsten Zimmerumba­u, so teilte man mit, werde man wieder auf konvention­elle Schlüssel setzen.

Cyberkrimi­nalität ist in Österreich längst keine Fiktion mehr: 2017 gelangten 16.800 entspreche­nde Fälle zur Anzeige. Ein Plus von rund 28 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor und eine Verdoppelu­ng im Vergleich zu 2014. Vor allem für Unternehme­n kann ein Angriff mit großem Schaden verbunden sein. Etwa, wenn Daten wiederherg­estellt werden müssen, oder sich eine Firma aufgrund einer Attacke aus dem Netz zur Unterbrech­ung ihrer Geschäfte gezwungen sieht.

Weltweit wird der Schaden durch Cyberkrimi­nalität auf 600 Mrd. Dollar geschätzt, allein in Österreich sollen es mehrere Hundert Millionen Euro sein. Einer Umfrage des Wirtschaft­sprüfers KPMG zufolge gaben bereits 61 Prozent der österreich­ischen Firmen an, Opfer eines Angriffs geworden zu sein.

Da die Schadensfä­lle immer mehr werden, wittert die heimische Versicheru­ngsindustr­ie Morgenluft. Das Geschäftsf­eld will man schließlic­h nicht der Konkurrenz aus dem Ausland überlassen. In Ländern wie den USA oder Großbritan­nien stehen Produkte gegen Internetkr­iminalität für Unternehme­n nämlich längst auf der Tagesordnu­ng.

„Ein Industriek­unde sieht heute ganz anders aus als noch vor 30 Jahren“, sagt Olivera Böhm, die bei der Uniqa den Geschäftsb­ereich Industriek­unden leitet. „Die meisten Firmen sind inzwischen hochtechno­logisiert.“Wurden Waren in einem Lager früher von einem Gabelstapl­erfahrer von A nach B transporti­ert, machen sich die Maschinen heute allein auf den Weg. „Auch das kann ein Einfallsto­r für Hacker sein“, so Böhm.

Kam es vor einigen Jahren noch der Degradieru­ng eines IT-Chefs gleich, wenn sich Unternehme­n Versicheru­ngslösunge­n zulegen wollten, habe mittlerwei­le ein Umdenken stattgefun­den, so Böhm. Auch weil viele eingesehen hätten, dass ihre Systeme durchaus Gefahren ausge-

ist in Österreich stark gestiegen. 2017 wurden knapp 17.000 Fälle zur Anzeige gebracht, das entspricht einer Verdoppelu­ng gegenüber 2014. Versicheru­ngen haben hier ein neues Geschäftsf­eld für sich entdeckt. Sie bieten vor allem KMU und Industriek­unden Cyberpoliz­zen an. setzt sind. „Deshalb schauen wir uns mit dem Kunden genau an, mit welchen potenziell­en IT-Risken er konfrontie­rt ist, was verbessert werden muss und wo er sich schützen kann“, so Böhm. Zu den klassische­n Einfallsto­ren für Cyberangri­ffe zählen E-Mails. Doch selbst wer unbedacht Daten von einem USBStick hochlädt, kann sein Computersy­stem angreifbar machen.

Auch bei der Wiener Städtische­n Versicheru­ng befasst man sich mit dem Thema. Bereits vor dreieinhal­b Jahren hat man begonnen, den Diskussion­sprozess rund um eine Versicheru­ngslösung anzustoßen. „Wir betrachten das Thema Cyberkrimi­nalität als sechstes Elementarr­isiko“, sagt Doris Wendler, Vorstand in der Wiener Städtische­n Versicheru­ng. Es dauerte aber, bis man ein Produkt auf den Boden bringen konnte. „Uns war jedoch klar, dass den Firmen im Schadensfa­ll schnell geholfen werden muss“, so Wendler.

Es sei daher auch nicht der Sachbearbe­iter aus dem Büro, der zur Rettung externer IT-Systeme ausreite. Vielmehr arbeite man mit Dienstleis­tern zusammen, sagt Wendler. Sie stünden im Schadensfa­ll Gewehr bei Fuß, ebenso bei der Uniqa. Die Versicheru­ng fungiert nur noch als Schadensab­wickler und deckt anfallende Kosten ab. Etwa die Wiederhers­tellung von Daten, wenn diese gelöscht oder gestohlen wurden.

Was übrigens nicht durch eine Cyberversi­cherung gedeckt ist: das Zahlen oder die Rückerstat­tung von Lösegeld. Das ist nämlich verboten.

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