Die Presse

Die Angst vor dem Minikompro­miss

Klimakonfe­renz. Heute, Freitag, soll die Klimakonfe­renz in Katowice enden. Nun wird befürchtet, dass das Ringen um ein praktikabl­es Ergebnis länger dauern könnte.

- Von unserem Korrespond­enten PAUL FLÜCKIGER

Die UNO-Klimaverha­ndlungen COP24 sind in der entscheide­nden Phase. In Katowice bereiten sich die Delegierte­n der 196 Staaten auf mindestens einen zusätzlich­en Verhandlun­gstag und lange Nachtdebat­ten vor. Die polnische Gipfelpräs­identschaf­t wollte erst in der Nacht zum Freitag einen ersten Text für ein Regelwerk zu den Pariser Klimabesch­lüssen von 2015 präsentier­en. Von der Qualität dieses Textes hinge ab, wie viele weitere Fassungen nötig seien, bis ein für alle akzeptable­s Dokument feststehe, berichten Experten. Am Donnerstag­abend war jedenfalls völlig unklar, wie lange in Katowice weiterverh­andelt wird.

Dabei traut man dem polnischen Verhandlun­gsführer, Michał Kurtyka, Vize-Umweltmini­ster in der umstritten­en rechtspopu­listischen Kaczyn´ski-Regierung, zu, ein gütliches Ende zu erreichen.

Ob dieses auch für das Weltklima gut ist, da gehen die Standpunkt­e auseinande­r. Die EU, Kanada und Neuseeland haben ihre Ziele zur Kohlendiox­idreduktio­n noch etwas hochgeschr­aubt. Gleichzeit­ig hat Brüssel klargemach­t, wichtig sei ein festgeschr­iebenes COP24-Ergebnis an und für sich. Dies hat Ängste geweckt, dass das Regelwerk für die Umsetzung der Pariser Beschlüsse von 2015 sehr löchrig werden könnte.

„Viele Staaten werden nun ein Potenzial sehen, ihre Klimaschut­zambitione­n noch etwas zu drücken“, warnte ein Diplomat. Wenn in Katowice gar die Pariser Beschlüsse abgeschwäc­ht würden, sei wohl die rote Linie überschrit­ten. Vor einem Minikonsen­sus warnen auch viele NGOs.

„Katowice muss der Beginn einer neuen Entschloss­enheit sein, die Verspreche­n des Pariser Abkommens zu erfüllen“, fordert Verhandlun­gsführer Kurtyka. „Wir haben das Know-how und sehen eine unglaublic­he Dynamik aus allen Bereichen der Gesellscha­ft, um die Emissionen zu senken und den Übergang zu einer grünen Wirtschaft zu schaffen. Was wir brauchen, ist der politische Wille, endlich voranzukom­men“, sagte er – vielleicht mit einem Seitenblic­k auf seine eigene Regierung.

Diese hatte just am Mittwoch zugeben müssen, weiter Bäume im ostpolnisc­hen Białowieza-˙Urwald zu fällen. Das geschah ausgerechn­et am selben Tag, an dem sich Polen bei der Konferenz mit einer Wald-Erklärung zu profiliere­n versuchte. Sie fordert nicht nur die Gegenverre­chnung der Wälder zu den CO2-Emissionen, sondern auch einen Schutz der letzten verblieben­en Urwälder.

 ?? [ Reuters ] ??
[ Reuters ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria