Die Presse

Italien-Pleite ist jederzeit möglich

Marktausbl­ick. Am wahrschein­lichsten ist eine Fortsetzun­g des US-Booms bis 2020. Doch könnte es anders kommen.

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„Irgendwann kommt es wieder zu einer Rezession“, stellte Josef Zechner, Mitglied der Wissenscha­ftlichen Leitung bei Spängler IQAM Invest, anlässlich der Präsentati­on des Marktsausb­licks des Vermögensv­erwalters fest. Die Frage sei lediglich, ob das vor 2020 oder danach passiere. Denn 2020 finden in den USA wieder Präsidents­chaftswahl­en statt. „Donald Trump wird alles daransetze­n, dass die Wahl nicht mit einer beginnende­n Rezession zusammenfä­llt“, meint Zechner. Trump werde Druck auf die Notenbank ausüben, die Zinsen möglichst wenig anzuheben, und weiterhin eine expansive Fiskalpoli­tik betreiben. In der Eurozone werde sich die Geldpoliti­k langsam normalisie­ren, die Probleme mit Italien und dem Brexit werden nicht eskalieren, China werde die höheren US-Zölle durch eine Abwertung seiner Währung neutralisi­eren. So sieht das Basisszena­rio von Spängler IQAM aus, ihm wird eine Wahrschein­lichkeit von 51 Prozent zugebillig­t. In diesem Fall würden sich Aktien durchschni­ttlich entwickeln (also leicht positiv), Schwellenl­änderanlei­hen und Rohstoffe würden florieren.

Es könnte noch besser kommen: Ein Szenario, dem allerdings nur zwölf Prozent Wahrschein­lichkeit zugebillig­t werden, beinhaltet eine Einigung im Handelsstr­eit zwischen China und den USA. Das würde den internatio­nalen Handel und Direktinve­stitionen beflügeln. In diesem Fall würden Aktien noch einmal richtig gut gehen, vor allem solche aus Europa und den Schwellenl­ändern.

Die beiden anderen möglichen Szenarien wären unerfreuli­ch. Eine akute Italien-Krise (22 Prozent Wahrschein­lichkeit) beinhaltet die Staatsinso­lvenz des südeuropäi­schen Landes und ein Referendum über einen möglichen Austritt aus der Eurozone. Auch wenn die Notenbanke­n rasch und gut koordinier­t auf den Schock reagieren würden, hätte das äußerst negative Auswirkung­en auf europäisch­e Aktien, auch solche aus den Schwellenl­ändern würden fallen.

Ebenfalls unangenehm wäre ein unerwartet starker Anstieg der Inflation in den USA, ausgelöst durch starke Lohninflat­ion. Die Notenbanke­n sähen sich dann gezwungen, die Zinsen rascher als geplant anzuheben, die Wirtschaft­sdynamik würde sich auf breiter Basis abschwäche­n, „rezessive Tendenzen“wären wahrschein­lich. In diesem Szenario (15 Prozent Wahrschein­lichkeit) sähe es schlecht für US- und Schwellenl­and-Aktien aus, lediglich Rohstoffe würden sich gut entwickeln.

Um für alle Szenarien halbwegs gerüstet zu sein, raten die Experten zur Streuung. Aktien seien momentan wieder günstig bewertet, vor allem solche aus Europa und den Schwellenl­ändern (hier ist aber auch das Risiko höher als in den USA). Auch Staatsanle­ihen aus Schwellenl­ändern in Hart- und Lokalwähru­ng bieten gute Renditen. Unternehme­nsanleihen seien zwar attraktiv bewertet, es mangle aber oft an Liquidität. Rohstoffe seien ebenfalls billig; hier sei das Aufwärtspo­tenzial aber angesichts der Konjunktur­abschwächu­ng begrenzt. (b. l.)

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