Grau in grau in Bachs geistlicher Seelenlandschaft
Das „Weihnachtsoratorium“im ausverkauften Musikvereinssaal.
Gewiss, es ist immer ein dezenter Etikettenschwindel, Bachs Kirchenkantaten der Weihnachtsfeiertage als Oratorium anzubieten. Alle sechs auf einmal aufzuführen, verlangt dazu von Interpreten und Publikum eine gute Kondition. Respekt für die Jeunesse, die als Veranstalter dieses Mammutunternehmen stemmte. Adventstimmung kam auf, aber selbst Pauken und Trompeten taten sich schwer im Bemühen um einen Jubel, der der Frohbotschaft von Christi Geburt angemessen wäre. Obwohl die Prominenz der heimischen Barockspezialisten aufgeboten war, klang vieles pauschal und grau. Dabei könnte Bachs grandiose Musik so aufregend wirken, würde sie nur prägnant artikuliert und „sprechend“formuliert.
Johannes Hiemetsbergers Chorus sine nomine bewährte sich in verhältnismäßig großer Besetzung vor allem im heiklen Geflecht der Eingangs- und Schlusschöre. Als Dirigent sorgte Hiemetsberger für schnörkellosen Ablauf, ohne in Theatralik zu verfallen. Atemlose Stille für das Aufgehen in Musik ergab sich aber weder auf dem Podium noch im Saal. Michi Gaigg, Chefin und gute Seele des L’Orfeo Barockorchester, begnügte sich diesmal mit der Stelle der Konzertmeisterin. Durchsichtiger Klang und Elastizität im Dialogisieren mit den Sängern zeichnen das erfahrene Ensemble aus. Ursula Langmayr (Sopran) verdient als Einspringerin alle Nachsicht, Sophie Rennert (Alt) hatte Mühe, sich bemerkbar zu machen, Manuel Günther fehlte es als die Handlung vorantreibendem Evangelisten an innerem Feuer und Fundament in tieferen Regionen – einzig der wohltönende Bass von Josef Wagner konnte sich Gehör und Wirkung verschaffen. (wagü)