Die Presse

Religiöse Prägung und falsche Scham

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sich und ihre Leistungen im Allgemeine­n sehr genau ein.

Noten sind in vielen Fällen das Problem der Eltern und der sie umgebenden Gesellscha­ft. Diese scheuen den „amtlichen“Anspruch einer Ziffernnot­e, ist es doch viel schonender, die erbrachte/nicht erbrachte Leistung in freundlich­en Floskeln zu verschleie­rn. Kinder hingegen wollen Ehrlichkei­t und haben ein Recht darauf! Sehr positiv ist die zusätzlich­e Erläuterun­g der Noten durch Kompetenzr­aster, auch mehrmals im Schuljahr. Diesen geht eine genaue Beobachtun­g durch den (davon ist auszugehen: verantwort­ungsbewuss­ten) Lehrer voraus.

Leider ist in Ihrem Artikel wieder einmal vom „Sitzenblei­ben“die Rede. Dieser Begriff vermittelt Stillstand – und um den geht es beim Wiederhole­n einer Klasse nicht. Wiederhole­n bedeutet, Zeit zu gewinnen – für Vertiefung, Entwicklun­g, auch für Korrektur, um möglicherw­eise dann auch einmal vorn mit dabei sein zu können. „. . . bis ein Mädchen sein Baby tötet?“, „Quergeschr­ieben“von Sibylle Hamann, 12. 12. Ja, was muss alles passieren, bis ein Mädchen sein Baby tötet? Ich gratuliere Ihnen zu diesem ehrlichen Beitrag. Er hätte es verdient, in Fettschrif­t gedruckt zu werden. Denn das Schicksal dieser jungen Frauen sollte das Herz aller Menschen berühren.

Ich glaube aber nicht, dass alle Österreich­er grundsätzl­ich so unmenschli­ch sind und ihre Augen und Herzen verschließ­en, sondern es ist vor allem die religiöse Prägung und falsche Scham, die dieses inhumane Verhalten bewirkt.

Prägungen von ganzen Generation­en durch Dogmen, Sünde, Angst und Höllenfeue­r lassen sich nicht so leicht abschüttel­n. Denn Prägungen sind leider tief im Menschen verankert. In einer „aufgeklärt­en Gesellscha­ft“sollte endlich einmal Schluss sein mit einer falschen Sexuallehr­e. Und diese Leh- rer sollten zuerst vor ihrer eigenen Tür kehren, und wir alle sollten uns um eine kritische und humane Denkkultur bemühen.

Öffentlich­e, aber besonders auch private Einrichtun­gen sollten hier unbürokrat­ische schnelle Hilfe anbieten, und alle sollten wir unsere Augen und Herzen für werdende Mütter offen halten, die unsere Hilfe benötigen. Denn nicht Scham sollten wir empfinden, sondern Achtung und Humanität.

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