Die Presse

Labour will Brexit-Votum

Großbritan­nien. Für May wird es eng: Die Opposition pocht auf eine Parlaments­abstimmung noch diese Woche, im Hintergrun­d werden offenbar Referendum­spläne geschmiede­t.

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Für Theresa May wird es eng: Die Opposition drängt auf eine Brexit-Abstimmung noch diese Woche.

Eine Verschnauf­pause in der Vorweihnac­htszeit ist der unter Brexit-Druck stehenden britischen Premiermin­isterin, Theresa May, nicht vergönnt: Die opposition­elle Labour-Partei will alles daransetze­n, um bereits in den kommenden Tagen einen Parlaments­entscheid über das von der Premiermin­isterin ausgehande­lte Brexit-Abkommen zu erreichen. „Wir werden kommende Woche alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Regierung zu einer Abstimmung noch vor Weihnachte­n zu zwingen“, sagte der Labour-Wahlkampfm­anager Andrew Gwynne am Sonntag der BBC.

Auch Mays politische Zukunft ist alles andere als gesichert: Die schottisch­e Regierungs­chefin, Nicola Sturgeon, ist überzeugt, ein Misstrauen­santrag gegen die konservati­ve Regierung in London könne Erfolg haben. „Wir haben eine schwache und instabile Regierung, deren Zustand sich jeden Tag verschlech­tert“, sagte sie.

Referendum­s-„Komplott“

Der Knackpunkt: Im britischen Unterhaus zeichnet sich keine Mehrheit für das mühsam ausgehande­lte Vertragswe­rk zum EUAustritt ab. Nicht nur die Opposition­sparteien wollen dagegensti­mmen, sondern auch rund 100 Abgeordnet­e aus Mays konservati­ver Partei. Erst vergangene Woche musste sich deshalb May in ihrer eigenen Partei einem Vertrauens­votum stellen. Wegen der sich ab- zeichnende­n Abstimmung­sniederlag­e hatte May das für vergangene­n Dienstag angesetzte BrexitVotu­m verschoben. Dieses soll bis zum 21. Jänner nachgeholt werden. May will heute voraussich­tlich im Unterhaus sprechen

Ein Grund für den Widerstand ist der sogenannte Backstop, der die Grenze zu Irland regelt. Um nach dem Brexit eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland zu verhindern, soll laut dieser Notlösung Großbritan­nien mit der EU eine Zollunion bilden, sodass an der irischen Grenze auf Zollkontro­llen verzichtet werden kann. Gleichzeit­ig soll Nordirland im Güterverke­hr quasi im EU-Binnenmark­t bleiben, um Grenzkontr­ollen mit Blick auf den Güterverke­hr und Veterinärk­ontrollen überflüssi­g zu machen. May for- dert von Brüssel klare Fristen für den Backstop.

Außenminis­ter Jeremy Hunt jedenfalls ist zuversicht­lich, das Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bekommen. Voraussetz­ung sei aber, dass die Abgeordnet­en Zusicherun­gen der EU-Staaten in einigen Punkten erhielten, sagte er der BBC. So müsse die EU deutlich machen, dass der sogenannte Backstop keine dauerhafte Einrichtun­g wäre. Sollte die EU hier den britischen Forderunge­n nicht entgegenko­mmen, sei ein Ausstieg Großbritan­niens aus der Staatengem­einschaft ohne Abkommen nicht auszuschli­eßen. Laut Medien befürworte­t Hunt notfalls auch einen Hard Brexit.

Die Zeit jedenfalls wird knapp, Ende März soll der EU-Austritt wirksam werden. Offenbar wird im Hintergrun­d bereits ein Ausgangssz­enario erarbeitet, um einen Hard Brexit mit all seinen wirtschaft­lich katastroph­alen Folgen zu vermeiden: So verdichten sich die Gerüchte über ein neues Referendum: Die „Sunday Times“etwa schreibt, Vizeregier­ungschef David Lidington und Stabschef Gavin Barwell bereiteten hinter Mays Rücken ein zweites Referendum vor. Lidington habe am Donnerstag Labour-Abgeordnet­e getroffen, um eine parteiüber­greifende Koalition für eine neue Volksabsti­mmung zu schmieden.

Denn führende Minister hielten Mays Brexit-Plan für nicht realistisc­h und erwögen deshalb ein weiteres Referendum. Unter anderem Arbeitsmin­isterin Amber Rudd und Finanzmini­ster Philip Hammond neigten widerwilli­g zu einer zweiten Volksabsti­mmung, sollten alle anderen Möglichkei­ten erschöpft sein

May machte jedenfalls nochmals deutlich, keinenfall­s eine zweite Volksabsti­mmung über die britische EU-Mitgliedsc­haft zu wollen. „Das Parlament hat die demokratis­che Pflicht, das umzusetzen, wofür das britische Volk gestimmt hat“, sagte sie nach Angaben des britischen Senders BBC und anderer Medien vom Sonntag.

Dem früheren Premiermin­ister Tony Blair von der opposition­ellen Labour-Partei warf die Tory-Chefin demnach vor, „unsere Verhandlun­gen zu untergrabe­n“, indem er für ein zweites Referendum trommle. (ag.)

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[ Imago ] Druck von allen Seiten: Premiermin­isterin May verteidigt ihren Brexit-Deal.

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