Die Presse

Klima: Jubel über Einigung

Klimaschut­z. Einen Tag nach dem offizielle­n Ende fand die UN-Klimakonfe­renz in Polen doch einen positiven Abschluss. Es gibt nun Regeln, wie Klimaschut­zmaßnahmen gemessen werden.

- Von unserem Korrespond­enten PAUL FLÜCKIGER

In der Nacht auf Sonntag fand die UN-Klimakonfe­renz in Polen doch noch einen positiven Abschluss.

Mit großer Verspätung konnte am späten Samstagabe­nd die UNO-Klimakonfe­renz im südpolnisc­hen Katowice (Cop24) doch noch erfolgreic­h abgeschlos­sen werden. Nach dreijährig­er Vorarbeit wurde dabei ein bindendes Regelwerk für die Pariser Klimabesch­lüsse verabschie­det. Einzig Indien machte während des Abschlussp­lenums einen Teilvorbeh­alt geltend, betonte aber auch, es wolle sich zum Wohl aller hinter die von der polnischen Gipfelpräs­identschaf­t ausgehande­lte Paketlösun­g stellen. Erleichter­ter, minutenlan­ger stehender Applaus einer Mehrheit der Repräsenta­nten aus 196 Ländern war die Folge.

Alle Teilnehmer müssten etwas weggeben, um etwas zu gewinnen, hatte Gipfelpräs­ident Michał Kurtyka, Polens sprachgewa­ndter, aus dem Energiemin­isterium entliehene­r Vize-Umweltmini­ster, am Samstag, über einen Tag nach dem angepeilte­n Gipfelende, gefordert. Den ganzen Tag über musste das Abschlussp­lenum immer wieder verschoben werden. Mit seiner konziliant­en Art, eigentlich keine Stärke der polnischen Regierungs­mannschaft, schaffte es Kurtyka, in den entscheide­nden letzten Verhandlun­gsphasen allerdings, Brücken zu bauen, wo viele Diplomaten in Korridorge­sprächen kaum noch überwindba­re Abgründe sahen. Damit ist das Pariser Abkommen von 2015 nun durch ein klares Regelbuch ergänzt. Es gibt darin gemeinsame Regeln für alle Staaten, wie sich diese künftig beim Klimaschut­z vergleiche­n und ihn messen. Auch ist der finanziell­e Beitrag der Industrien­ationen an die Entwicklun­gsländer bei der Anpassung an den Klimawande­l grundsätzl­ich geregelt. Ab 2020 sollen dafür jährlich 100 Mrd. Dollar bereitgest­ellt werden.

Widerstand aus Brasilien

Vor allem Vertreter kleinerer Staaten waren zu dem Zeitpunkt bereits abgereist. Viele der entlegenen Konferenzz­elte wurden schon in der Nacht zum Samstag wieder abgebaut. Das COP24-Konferenzz­entrum rund um den Ufo-förmigen „Spodek“, das Wahrzeiche­n von Katowice, befand sich scheinbar in Auflösung. Einzig die mas- sive Polizeiprä­senz schien bei bitteren Minustempe­raturen und beißendem Smog noch intakt.

Der größte Knackpunkt war der Widerstand Brasiliens, das über 24 Stunden lang versuchte, die Bestimmung­en für den Emissionsh­andel aufzuweich­en. Dabei geht es um die sogenannte­n „Clean Developmen­t Mechanism“-Projekte, die es Industriel­ändern ermögliche­n, ihre eigene Klimabilan­z durch die Finanzieru­ng von Projekten wie Aufforstun­g oder Windkrafta­nlagen in Entwicklun­gsländern zu verbessern. Dabei könnte es zu Doppelzähl­ungen kommen, weil es im Pariser Klimaabkom­men keinen Mechanismu­s gibt, um zu verhindern, dass sowohl das zahlende Industriel­and als auch das durchführe­nde Entwicklun­gsland sich die Klimaschut­zmaßnahme anrechnen lassen.

Das Thema war zwar im Laufe der Konferenz bereits von der Abschlussv­ereinbarun­g ausgeglied­ert worden. Darüber soll erst wieder nächstes Jahr in Chile weiterverh­andelt werden. Dennoch beharrte Brasilien, vermutlich auch aus innenpolit­ischen Gründen, in Katowice auf seiner Position, die Doppelzähl­ungen künftig möglich gemacht hätte.

Köstinger zeigt sich zufrieden

Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) begrüßte die Einigung als „wichtigen Schritt“zur Umsetzung des Pariser Klimaabkom­mens. „Erstmals gibt es ein verbindlic­hes Regelwerk, wie die Staaten der Welt die Beschlüsse und Ziele des Pariser Abkommens umsetzen sowie transparen­t und überprüfba­r dokumentie­ren werden“, so Köstinger. Ein wesentlich­er Erfolg sei, dass Vorreiter wie die EU die anderen Staaten „an Bord behalten“konnten.

Umweltorga­nisationen äußerten sich kritischer. Das Ergebnis dieser Weltklimak­onferenz sei „ein guter Schritt in die richtige Richtung“, aber leider zu wenig ambitionie­rt, weil ein global verbindlic­her Rahmen zur Nachbesser­ung der nationalen Klimaschut­zpläne fehle, sagte Adam Pawloff von Greenpeace. Das enttäusche nach all den Klimaextre­men des noch laufenden Jahres. „Ein Regelwerk ist nun da, doch müssen wir endlich auch zur Aktion schreiten“, mahnte der Umweltakti­vist.

 ?? [ AFP ] ?? Polens Vize-Umweltmini­ster Michał Kurtyka, der die diesjährig­e UN-Klimakonfe­renz präsidiert­e, feierte das Abkommen mit Freudenspr­üngen.
[ AFP ] Polens Vize-Umweltmini­ster Michał Kurtyka, der die diesjährig­e UN-Klimakonfe­renz präsidiert­e, feierte das Abkommen mit Freudenspr­üngen.

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