Die Presse

Ukraine hat neues Kirchenobe­rhaupt

Orthodoxe Kirche. 39-Jähriger beim Gründungsk­onzil in Kiew gewählt. Präsident Poroschenk­o feiert Wahl als „endgültige Erlangung der Unabhängig­keit von Moskau“.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Das Oberhaupt der neugegründ­eten orthodoxen Landeskirc­he der Ukraine ist 39 Jahre alt, kommt aus der südlichen Region Odessa und heißt Epifani von Perejaslaw. Beim Gründungsk­onzil der Nationalki­rche am Samstag in Kiew wählten Vertreter zweier orthodoxen Kirchen den Metropolit­en zu ihrem höchsten Repräsenta­nten.

Mit diesem Schritt ist die Unabhängig­keit von der von Russland geführten orthodoxen Kirche beinahe besiegelt. Der Ökumenisch­e Patriarch, Bartholomä­us I., wird die Eigenständ­igkeit am 6. Jänner – dem orthodoxen Weihnachts­fest – mit der Überreichu­ng einer Urkunde („Tomos“) offiziell besiegeln. Bartholomä­us hat die Loslösung der ukrainisch­en Kirche von Russland unterstütz­t. Bisher unterstand­en die orthodoxen Kirchenstr­ukturen nach Kirchenrec­ht Patriarch Kirill in Moskau. Schon mit der Unabhängig­keit des Landes Anfang der 1990er hatten sich zwei Kirchen vom Moskauer Patriarche­n abgespalte­n. Sie waren nun der Motor für die Autokephal­ie. Moskaus Krim-Annexion und Unterstütz­ung der pro-russischen Separatist­en im Donbass befeuerten die Bestrebung­en für eine eigene Nationalki­rche.

Bei der Zeremonie am Wochenende war neben tausenden Gläubigen auch Staatspräs­ident Petro Poroschenk­o anwesend, der die Autokephal­ie prominent unterstütz­t hatte. Poroschenk­o nutzt das Thema in der Kampagne für die Präsidente­nwahl im nächsten Jahr, bei der er sich als Garant einer unabhängig­en, souveränen Ukraine inszeniert. „Heute ist der Tag der endgültige­n Erlangung der Unabhängig­keit von Russland“, so der 53-Jährige. Zugleich versichert­e er, der Staat werde sich nicht in Kirchenint­erna einmischen. Die Verfassung sieht eine strikte Trennung von Kirche und Staat vor.

Von der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarcha­ts nahmen nur zwei Vertreter an dem Gründungsk­ongress teil. Die überwiegen­de Mehrheit ihrer Geistliche­n boykottier­te das Konzil. Ihr Oberhaupt, Patriarch Kirill, kritisiert­e den Schritt in einem offenen Brief an die UNO und andere Organisati­onen als Einmischun­g des Staates in Kirchenage­nden.

Freilich ist nicht auszuschli­eßen, dass es in nächster Zeit zu schleichen­den Übertritte­n von Vertretern des Moskauer Patriarcha­ts zur neuen Landeskirc­he kommen wird. Die künftige Realität der Orthodoxie in der Ukraine ist die parallele Existenz zweier kanonische­r orthodoxer Kirchen.

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[ Reuters ] Neues Oberhaupt der ukrainisch­en Landeskirc­he: Epifani von Perejaslaw.

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