Was die großen Fische jetzt kaufen
Geldanlage. Im Zuge steigender Unsicherheit schichten viele Großinvestoren um. Sie stecken ihr Geld in Schwellenländer, alternative Investments und halten vermehrt Bargeld. Das macht Sinn.
Es war schon einmal leichter, gute Investments aufzuspüren. Dazu ein vielsagendes Beispiel, das die Unsicherheit der Marktteilnehmer im Jahr 2018 aufzeigt: Der weltwichtigste Index S&P 500 hat heuer bisher an fünf Tagen mehr als drei Prozent seines Wertes verloren. Einen Anstieg in dieser Höhe gab es kein einziges Mal. Das hat auch eine historische Dimension: Ein fünfmaliges Minus von mehr als drei Prozent ohne entsprechenden Anstieg innerhalb eines Jahres gab an der New Yorker Börse noch nie.
Auch 2019 wird holprig werden, da sind sich fast alle Experten einig. Das muss keineswegs heißen, dass es ausschließlich nach unten geht. Es heißt lediglich, dass eine konstante Reise nach oben, wie wir sie aus den vergangenen Jahren kennen, nicht zu erwarten ist. Die Strategie, Aktien nach ihrem globalen Gewicht — also zum größten Teil amerikanische — zu halten und dabei zuzusehen, wie sie steigen, wird wohl nicht funktionieren. Was also tun? Nicht in Panik verfallen, sondern vorsichtig umschichten, heißt die Devise.
So haben Großinvestoren im November netto 34 Milliarden Dollar in Schwellenländer gesteckt, so viel wie seit einem Jahr nicht mehr. Der MSCI Emerging Markets Index hat seit Ende Oktober fünf Prozent zugelegt, während viele Industrieländer Verluste einstecken mussten. Schwer gebeutelte Märkte wie China, Indonesien oder Vietnam sind wieder attraktiver geworden, nicht zuletzt wegen der Aussicht auf einen Kompromiss im Handelskrieg zwischen Washington und Peking. Analysten verweisen darauf, dass eine Teil-Eskalation an der Börse in Shanghai bereits eingepreist ist. Jede auch noch so kleine Einigung könnte chinesischen Aktien Beine machen.
Verstärkt am Radar der Großinvestoren ist auch wieder Brasilien. Seit dem Kursgemetzel im Frühjahr im Zuge des Korruptionsskandals um Präsident Michel Temer geht es konstant aufwärts. Viel wird davon abhängen, ob der rechtskonservative Populist Jair Bolsonaro, der Temer im Jänner ablöst, das marode Pensionssystem wie angekündigt reformieren kann. Die großen Fische unter den Investoren vertrauen darauf: Seit Bolsonaros Sieg bei der Stichwahl Ende Oktober hat der Bovespa Index über vier Prozent zugelegt.
Der Grund für das steigende Interesse an den Schwellenländern liegt auch in der Schwäche der USA. Schon diese Woche könnte es am weltgrößten Börsenparkett weitere Verluste setzen, wenn die Fed die Zinsen anhebt. Immerhin ein Viertel der Investoren erwartet, dass die Zentralbank die Zinsen beim Band von zwei bis 2,25 Prozent belässt, obwohl die Fed klar gemacht hat, zumindest noch einen Schritt zu gehen. Da liegt ein Missverständnis vor, das für negative Überraschungen sorgen könnte. Denn die letzte Erhöhung im September ist von 100 Prozent der Marktteilnehmer erwartet worden.
Weltweit sind Aktien momentan so günstig bewertet wie seit fünf Jahren nicht, wenn man das vorausschauende KGV, das die Aktien- kurse in Relation zu den erwarteten Firmengewinnen setzt, heranzieht. Dennoch: Wenn es in den USA kracht, bleiben auch günstiger bewertete Börsen nicht verschont. Goldman Sachs empfiehlt deshalb das angesichts niedriger Zinsen fast Undenkbare: Vermehrt Bargeld zu halten. Und erst wieder zu kaufen, wenn sich die Nervosität an den Märkten gelegt hat.
Eine Alternative zum Bargeld stellen alternative Investments dar, wobei Experten mittlerweile die alte Faustregel von einem Anteil von maximal 20 Prozent des verfügbaren Kapitals infrage stellen. Je nach Art des Investments empfehlen Vermögensberater in unsicheren Zeiten bis zu einem Drittel seines Geldes in alternative Investments zu stecken. Globale Immobilienfonds etwa, die im vergangenen Jahr schwere Verluste einstecken mussten und nun attraktive Dividendenrenditen versprechen.