Die Presse

Erst „Nachtrunk“, dann „jemand anderer am Steuer“

Alkolenker. Verwaltung­sgericht war zu leichtgläu­big.

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Ein mutmaßlich alkoholisi­erter Autofahrer, dem erst im Zuge seiner Beschwerde über seine Bestrafung einfällt, dass nicht er, sondern seine Begleiteri­n am Steuer gesessen ist, wirkt nicht gar glaubwürdi­g. Dennoch hat das Landesverw­altungsger­icht Niederöste­rreich in so einer Situation die Strafe gegen einen einschlägi­g Vorbestraf­ten aufgehoben. Der Verwaltung­sgerichtsh­of kippt aber diesen Freispruch.

Der Mann war aufgrund einer anonymen Anzeige aus einem Wirtshaus, wonach er in Kürze alkoholisi­ert das Lokal verlassen werde, von der Polizei zu Hause aufgesucht worden. Die Messung seiner Atemluft ergab einen Alkoholgeh­alt von 0,45 mg/l (0,9 Promille). Der Mann behauptete, er sei zum Zeitpunkt des Lenkens nicht relevant alkoholisi­ert gewesen, da man seinen „Nachtrunk“zu Hause abziehen müsse. Die Bezirkshau­ptmannscha­ft Amstetten fand das unglaubwür­dig, schick- te den Mann in eine Nachschulu­ng und entzog ihm, da es schon das zweite Mal war, für acht Monate den Führersche­in.

Vor dem Verwaltung­sgericht legte der Bestrafte dann eine eidesstätt­ige Erklärung seiner Begleiteri­n vor, wonach sie das Auto zwischen 19.15 und 19.30 Uhr gelenkt habe. Das genügte dem Gericht erster Instanz ohne weitere Ermittlung­en als Beweis, dass der Beschwerde­führer schuldlos war.

Wie der von der BH Amstetten angerufene VwGH nun entschiede­n hat, hätte das Gericht eine mündliche Verhandlun­g abhalten müssen, um der Behörde Gelegenhei­t zur Stellungna­hme zum neuen Vorbringen zu geben, und um den Fall zu klären (Ra 2018/11/0199). Es liege „gleichsam auf der Hand“, dass eine mündliche Erörterung der Frage, weshalb der Mann die Lenkereige­nschaft erst im Beschwerde­verfahren bestritten habe, einer nachvollzi­ehbaren Klärung der Sache gedient hätte. (kom)

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