Lichtblitze für Mozart im Advent
Staatsoper. Das Weihnachtsprogramm im Haus am Ring lockt mit einer kargen, aber exzellent besetzten „Zauberflöte“und, auch optisch märchenhaft, mit „Hänsel und Gretel“.
Alljährlich um diese Zeit grüßen an der Wiener Staatsoper „Die Zauberflöte“und „Hänsel und Gretel“. Auch die in Wien weilenden Touristen sollen mit Altgedientem erfreut werden - und häufiger Kommende mit einigen Rollendebüts, darunter solchen, die Aufsehen erregten. Im Fall der „Zauberflöte“handelt es sich um die stark reduzierte Inszenierung von Moshe Leiser und Patrice Caurier von 2013, die vor einer kahlen, dunklen Bühnenwand von Christian Fenouillat abläuft. Dass ein Mondsichelbruchstück anstatt eines Sternenhimmels den Auftritt der Königin der Nacht begleitet, ist bezeichnend.
Andererseits gibt es als Reminiszenzen an das Vorstadtmaschinentheater jener Zeit, in der Mozart und Schikaneder die Oper aus der Taufe hoben, Falltüren und Pyrotechnik, die drei Sängerknaben dürfen fliegen, tanzende Bären sorgen ebenso für große Erheiterung des Publikums wie Polizisten, die als Wächter zu Papagenos Glockenspiel tanzen und schließlich im Ballett-Tutu davonspringen. Bei all dem gibt es aber auch poetische, intensive und effektvolle Momente, etwa, wenn Sarastro eine leuchtende Kugel in eine Pyramide legt und diese damit erhellt oder der Abgang der Königin der Nacht von einem Lichtblitz begleitet wird.
Insgesamt aber herrscht szenische Reduktion. Umso mehr sind die Sänger gefordert, denen diesmal Adam Fischer am Pult höchste Sicherheit gibt: Teils elastisch, teils zupackend, teils hochsensibel erweist er sich einmal mehr als Mozart-Experte. Er agiert höchst umsichtig und sängerfreundlich, wenn er einmal das Tempo offensichtlich an jenes der Königin der Nacht anpasst und ein anderes Mal für die drei Knaben den Text mit den Lippen formt.
Benjamin Bernheim singt erstmals den Tamino und beeindruckt wie bereits in zahlreichen anderen Debüts der letzten Zeit (Rodolfo, Nemorino). Mit seinem wohltimbrierten, warmen Tenor von großer Strahlkraft zeigt er – nicht nur in einer grandiosen „Bildnis-Arie“–, warum er einer der interessantesten Tenöre unserer Zeit genannt wird. Der satte, ausdrucksvolle Klang und seine Gabe, lange lyrische Bögen zu spannen, machen seinen Tamino zum Ereignis des Abends.
In Valentina Naforni¸ta hat er eine stimmlich wie darstellerisch edle, in Wien längst bewährte Pamina, die in der g-Moll-Arie durch Innigkeit berührt. Gemeinsam mit den herrlich klar artikulierenden drei Knaben sorgt sie für Höhepunkte.
Rollendebütant Clemens Unterreiner als Papageno beeindruckt mit angenehmem Ba- riton, Präsenz und Spielfreude, legt den Vogelfänger aber anfangs gar platt und derb, teilweise sogar hart an der Grenze zum Dümmlichen an. Das Publikum liebte ihn trotzdem.
Als divenhafte, sesselwerfende Königin der Nacht beeindruckt einmal mehr Hila Fahima mit exzellenten, nie zu scharfen Koloraturen. Der väterliche Sarastro Rene´ Papes mit eleganten Basstönen ist eine Klasse für sich, Jochen Schmeckenbecher eine würdevolle Luxusbesetzung für den Sprecher.
Großteils altbewährt auch die Besetzung der vorweihnachtlichen Aufführungsserie von „Hänsel und Gretel“, die sich an der Staatsoper – anders als „Zauberflöten“-Protagonisten – im pittoresken „Alice in Wonderland“-Ambiente der Inszenierung Adrian Nobles verlaufen dürfen. Wobei Margaret Plummer als Hänsel erstmals Mariam Battistelli als Gretel an der Hand nehmen darf, um den dichten Wald zu durchkämmen: dem satten Mezzo antwortet nun ein glockenhell aufblühender Sopran.
Boaz Daniel gibt an der Seite der rechtschaffen gestresst wirkenden Mutter, Gertrud, erstmals den kraftvollen Peter Besenbinder, gutherzig wie Richard Straussens Färber Barak. Monika Bohinec ist wieder die Hexe, sehr komödiantisch, aber im rechten Moment doch auch respektgebietend.
Maria Nazarova überwacht als Sandund Traummännchen den Schlaf der Kinder und die zauberhaften Tanzeinlagen – zu denen das Orchester unter Axel Kobers kundiger Führung nicht nur wagnerisch klangsatt, sondern immer wieder auch behutsam pointiert aufspielt.