Ungarns Weg zurück zu einer uniformen Medienlandschaft
Gastkommentar. Alles unter meiner Kontrolle, lautet die Devise von Premier Viktor Orb´an.
Wir sind wieder da. Genau dort, wo wir bis vor 30 Jahren schon gewesen waren. Eine zentralisierte Presse, unisono, das heißt: Die politische Richtung und die Begriffe, die verwendet werden, sind die ganz gleichen oder sehr ähnlich.
Dieses Konglomerat, das über fast 500 Titel verfügt, ist nicht von einem Tag auf den anderen zustande gekommen. Eine „organische“Entwicklung hat dazu geführt, dass der größte Teil der ungarischen Presse innerhalb von relativ kurzer Zeit „farbengleich“wurde. Die Inhalte werden der von der Fidesz-Regierung bestimmten Thematik und auch Wortwahl angepasst werden.
Viktor Orban´ nennt sich selbst einen „Straßenkämpfer“– so hatte er sich selbst in einem seiner letzten Hörfunkinterviews bezeichnet – und die ihm ergebene Presse hat sich in Kampfblätter verwandelt. Der seinerzeitige KP-Chef Janos Kad´ar´ hatte einst gesagt: „Wer nicht gegen uns ist, der ist mit uns.“Für Orban´ gilt das umgekehrt: Wer nicht mit uns ist, der ist gegen uns.
Bis vor gut zwei Jahren schien die ungarische Presselandschaft noch – mehr oder weniger – ausgeglichen zu sein. Den schon damals sehr wortgewaltigen Fidesz-Medien stand ein hoch qualifiziertes und in der Auflage führendes Blatt – „Nepszabads´ag“´ – gegenüber.
Der tragende Pfeiler
Dann aber kam der dubiose österreichische Geschäftsmann Heinrich Pecina, der alles zunichte gemacht hat. Die von ihm gegründete Firma Mediaworks hat das Portfolio von Ringier gekauft und nach einem halben Jahr das ganze Unternehmen an den Herrn Lörinc Mesz´aros,´ Dorfnachbar und mutmaßlichen Vermögensverwalter von Herrn Orban,´ weiterverkauft. Danach ist „Nepszabads´ag“´ stillgelegt worden.
Mediaworks ist heute der tragende Pfeiler einer zentralisierten Medienlandschaft, der Gesamtwert des Unternehmens wird auf 20 Milliarden Forint (rund 60 Millionen Euro) geschätzt. Mesz´aros´ hat die Firma ohne Gegenwert in eine Stiftung gesteckt. Ebenso wie die anderen Verlage, die an dem Projekt beteiligt sind – zurzeit sind es zehn. Wahnsinn, nicht wahr?
Wer trägt Schuldenberg ab?
Aber wahnsinnig ist es auch, dass diese „freiwilligen Donors“zusammen auf einem Schuldenberg von 30 Milliarden Forint sitzen. Wessen Aufgabe wird es sein, diese gigantische Summe zurückzuzahlen? Wahrscheinlich ist, dass die Regierung dieser Stiftung finanzielle Hilfe leistet. Ein Erlass ist vorgesehen, dass in Zukunft staatliche Werbeaufträge nur an NonProfit-Organisationen vergeben werden dürfen. Auf dem ungarischen Anzeigenmarkt ist der Staat (Regierung, Behörde, staatseigene Unternehmen) mit Abstand der größte Auftraggeber. Und die Medienstiftung wird ebenso eine solche Non-Profit-Organisation sein.
Warum aber will Orban´ dieses Konglomerat haben? Beim Premier tritt immer mehr zutage, dass er von einem fairen Wettbewerb auf allen Gebieten wenig hält. Besser, es befindet sich alles unter einem Dach, als dass man Angst haben muss, dass da einiges aus dem Ruder laufen kann.
Das ist wahrscheinlich Orbans´ persönliche Lehre aus dem Konflikt, den er vor drei Jahren mit seinem einstigen Weggefährten, Lajos Simicska, gehabt hat. Simicska wandte sich plötzlich gegen Orban´ und brachte danach sein Presseimperium gegen den Regierungschef in Stellung. Nun unternimmt Orban´ alles, damit eines Tages nicht wieder ein Rebell wie Simicska auf der Bühne auftauchen kann. Alles unter meiner Kontrolle, lautet seine Devise neuerdings.