Eingeschneit: Ist der Job in Gefahr?
Arbeitsrecht. Was gilt, wenn man wegen des Schneechaos nicht an seinen Arbeitsplatz kommt? Muss man um Job oder Gehalt bangen? Ein Überblick.
Arbeitsrecht: Was passiert, wenn man wegen der Schneesituation nicht zum Arbeitsplatz kommt.
Eingeschneit am Urlaubsort: Da mag es schlimmere Schicksale geben, die Sache geht aber ins Geld. Für die zusätzlichen Tage im Hotel trägt – wie berichtet – der Gast die Kosten. Das ist dann aber oft nicht sein einziges Problem: Ist man Arbeitnehmer, plagen einen womöglich auch Sorgen um das Gehalt – oder gar um den Arbeitsplatz. Wetterbedingte Verspätungen auf dem täglichen Weg zur Arbeit werfen ähnliche Fragen auf. Hier einige Antworten.
1 Kann man wegen verspäteter Rückkehr vom Urlaub den Job verlieren?
Nicht, wenn man wirklich eingeschneit ist und definitiv nicht abreisen kann. „Das ist ein rechtmäßiger Hinderungsgrund“, sagt Arbeitsrechtsexperte Christopher Peitsch, Rechtsanwalt bei CHSH. Die Beweislast liegt jedoch beim Arbeitnehmer – Buchungsunterlagen sind hilfreich, Handyfotos noch mehr. Wichtig ist es auch, dem Arbeitgeber unverzüglich zu melden, dass man nicht zum Dienst kommen kann. Das Gleiche gilt, wenn man wegen einer Wetterkapriole nicht am Urlaubsort, sondern daheim festsitzt.
2 Darf der Arbeitgeber einem die Fehlzeit vom Gehalt abziehen?
Nein – sofern man die Abwesenheit korrekt gemeldet hat. Informiert man den Arbeitgeber jedoch nicht, obwohl man es könnte, ist das im Normalfall zwar kein Entlassungsgrund – denn die Dienstverhinderung besteht ja wirklich. Man verliert dann aber seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
3 Muss man sich zusätzliche Urlaubstage nehmen?
Manche Chefs sehen das so. „Handelt es sich aber wirklich um eine Dienstverhinderung, muss man dafür keinen Urlaub nehmen“, sagt Peitsch. Genauso wenig muss man die Zeit einarbeiten oder sich dafür Gutstunden vom Gleitzeitkonto abziehen lassen.
4 Und wenn die Fahrt zur Arbeit nicht unmöglich, aber mühsam ist?
Da wird es diffizil. Klar ist die Sache immer dann, wenn das Ereignis dem Arbeitnehmer tatsächlich „keine Wahl“lässt, sondern ihn „wegen unmittelbarer Einwirkung faktisch daran hindert, seine Arbeit zu verrichten“, wie es in Judikatur und Lehre heißt (z. B. OGH 9ObA42/88). Hätte man eine Möglichkeit, zur Arbeit zu kommen, die aber mit sehr viel Aufwand verbunden ist, beginnt jedoch eine Grauzone. „Es ist dann eine Frage der Zumutbarkeit“, sagt Peitsch. Innerhalb Österreichs wird man sich mehr anstrengen müssen – auch auf eigene Kosten –, eine alternative Reisemöglichkeit zu finden, „als wenn man weit weg auf einer Insel ist“. Überspitzt gesagt, muss man sich aus dem Schneechaos zwar nicht mit dem Hubschrauber ausfliegen lassen. Mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren ist dagegen im Normalfall zumutbar. Ob man aber, wenn die Straßen gesperrt sind, das Auto z. B. in Vorarlberg stehen lassen und später von Wien aus nochmals hinfahren muss, nur um es abzuholen, ist schon wieder fraglich. Es kommt dabei auch darauf an, wie lange man sonst am Arbeitsplatz ausfallen würde. Einen Tag wird man wohl zuwarten dürfen, bis die Straßen geräumt sind, wochenlang nicht. Jurist Peitsch rät, sich in solchen Fällen unbedingt mit dem Arbeitgeber abzusprechen. Und wenn man sich eine unbequeme Reisealternative schlicht nicht antun will, obwohl sie zumutbar wäre? Dann hilft nur Urlaub – sofern der Arbeitgeber zustimmt.
5 Was gilt für Verspätungen bei der täglichen Fahrt zur Arbeit?
Sind Verzögerungen vorhersehbar, muss man das einkalkulieren und früher von daheim wegfahren, z. B. auch einen früheren Zug nehmen, wenn es wegen der Wetterverhältnisse bereits regelmäßig Zugverspätungen gibt.
Anders ist es bei überraschend auftretenden Verspätungen. Hat der Zugverkehr bisher trotz des Schlechtwetters klaglos funktioniert, darf man sich auch weiterhin darauf verlassen. Auch hier geht es letztlich um Zumutbarkeit: „Schon um drei Uhr früh wird man nicht wegfahren müssen, damit man um zehn Uhr im Dienst ist“, sagt Peitsch.
Auch dass ein Pendler gar nicht heimfährt, sondern am Dienstort übernachtet, wird der Chef nicht – oder höchstens in extremen Ausnahmefällen – erwarten können. Auch das ist allerdings bislang nicht ausjudiziert.
6 Ist die Mitarbeit bei einem Hilfseinsatz ein Entschuldigungsgrund?
Unmittelbare Nothilfe, um jemanden zu retten, ja – dazu ist man sogar verpflichtet. Auch um sein Eigentum darf man sich kümmern, wenn Schneemassen etwa das eigene Haus gefährden. Wer als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, der Rettung oder sonstiger Hilfsdienste an einem Katastropheneinsatz teilnimmt, darf ebenfalls der Arbeit fernbleiben. Wer aber einfach als Privatperson etwa bei Aufräumarbeiten helfen will, braucht Urlaub oder zumindest die Erlaubnis des Chefs – manche Unternehmen sind da, allein schon aus Imagegründen, durchaus großzügig.
7 Sind Arbeiter bei Dienstverhinderungen schlechtergestellt?
Nein, nicht mehr. Mit Juli 2018 ist hier eine Angleichung erfolgt, auch Arbeiter haben jetzt bei Dienstverhinderungen zwingend Anspruch auf Entgeltfortzahlung.