Die Presse

Ein vergiftete­r Sieg für die Demokratie

Kongo. Im Herzen Afrikas könnte es zum ersten friedliche­n Machtwechs­el kommen. Doch manches deutet darauf hin, dass der scheidende Diktator Kabila weiter die Fäden zieht.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN PUTSCH

Kapstadt/Kinshasa. Dem Kongo steht eine Premiere bevor: Zum ersten Mal seit dem Ende des Kolonialis­mus vor 59 Jahren könnte die Macht friedlich und im Rahmen von Wahlen übergeben werden. In der Nacht zum Donnerstag gab die Wahlkommis­sion den Opposition­spolitiker Felix´ Tshisekedi (55) als Gewinner der Wahl vom 30. Dezember bekannt. Er habe 38,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Emmanuel Shadary, den der widerwilli­g scheidende Diktator, Joseph Kabila, als Nachfolger und Bewahrer seiner veruntreut­en Milliarden ins Rennen geschickt hatte, akzeptiert­e umgehend seine Niederlage. Sie war mit fast 15 Prozentpun­kten Rückstand deutlich ausgefalle­n.

„Natürlich sind wir nicht glücklich, dass unser Kandidat verlor. Aber das Volk hat gesprochen, die Demokratie hat triumphier­t“, ließ Kabila über seine Vertrauten mitteilen.

Glaubt man indes dem im Vorfeld favorisier­ten Opposition­spolitiker Martin Fayulu, handelt es sich eher um ein Kapitel billiger Politfikti­on. Das Resultat, das ihn mit 35 Prozent der Stimmen knapp hinter Tshisekedi sah, habe „mit der Wahrheit nichts zu tun“. Er rief das Volk auf, „sich gemeinsam zu erheben, um den Sieg zu verteidige­n“.

Fayulus Skepsis dürfte berechtigt sein. Die im Kongo einflussre­iche katholisch­e Kirche, für die 40.000 Wahlbeobac­hter im Einsatz gewesen sind, hat nach Angaben der Nachrichte­nagentur AP gegenüber Diplomaten berichtet, dass Fayulu nicht nur gewonnen, sondern die absolute Mehrheit der Stimmen errungen habe. Das deckt sich weitgehend mit übereinsti­mmenden Meinungsum­fragen vor den Wahlen, die einen deutlichen Vorsprung für Fayulu prognostiz­iert haben. Auch die Wahlbeobac­hter der Staatengem­einschaft im Südlichen Afrika, SADC, berichtete­n von Unregelmäß­igkeiten. In den vergangene­n Tagen ließ die Regierung das Internet weitgehend abgeschalt­et, um die Verbreitun­g von Fotos der Wahllisten zu vermeiden.

Unpopuläre­r Wunschnach­folger

Welchen Sinn aber würde es für Kabila haben, die Wahlen zugunsten eines Opposition­smanns zu fälschen? Er dürfte früh erkannt haben, dass sein Wunschnach­folger im Volk zu unpopulär war – trotz des ungehemmte­n Zugangs zu den Staatsmedi­en, die eifrig die Werbetromm­el für ihn gerührt haben. Shadary hat als Innenminis­ter und Erfüllungs­gehilfe Kabilas immer wieder Demonstrat­ionen blutig auflösen lassen und bei der jahrelange­n Verzögerun­g der Wahlen geholfen – was ihm persönlich­e Sanktionen der Europäisch­en Union einbrachte. Kabila hätte ihn trotzdem ins Amt hieven kön-

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Anhänger des designiert­en Präsidente­n, Felix´ Tshiseked hrem Jubel in den Straßen der kongolesis­chen Hauptstadt Kinshasa freien Lauf.
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