Die Presse

Pompeo inszeniert sich als Gegenpol zu Obama

Ägypten. US-Außenminis­ter Mike Pompeo erklärte den Iran bei seiner Kairoer Grundsatzr­ede mit dem Titel „Kraft des Guten“zum gemeinsame­n Feind des Nahen Ostens.

- Von unserem Mitarbeite­r MARTIN GEHLEN

Tunis/Kairo. Seine ausgedehnt­e Nahosttour führte Mike Pompeo auch nach Kairo: Mittwochab­end kam der US-Außenminis­ter in Ägypten an. Präsident Abdel Fatah al-Sisi kam nicht persönlich zum Flughafen, der Chefdiplom­at wurde von Reda Habib Ibrahim Zaki empfangen – dem Zuständige­n im Außenminis­terium für die Amerikas. Das Treffen mit Pompeo holte al-Sisi am Donnerstag nach.

Seine Grundsatzr­ede hielt Pompeo auf dem Campus der Amerikanis­chen Universitä­t in Kairo am Donnerstag. Unter dem Titel „Eine Kraft des Guten. Wie Amerika den Nahen Osten neu belebte“erklärte er, dass seine Nation alles tun werde, um die tödlichen Ambitionen der Ajatollahs in die Schranken zu weisen.

So erklärte Pompeo den Iran zum gemeinsame­n Feind des Nahen Ostens und warf der Islamische­n Republik vor, Terror und Zerstörung in der gesamten Region zu säen. Auch im Libanon werde man den Status quo nicht akzeptiere­n, wo die Hisbollah inzwischen dank der Hilfe Teherans mehr als 100.000 Raketen besitze.

Die Nationen des Nahen Ostens würden niemals Sicherheit und wirtschaft­liche Stabilität erreichen können, solange das revolution­äre Regime in Teheran auf seinem derzeitige­n Kurs beharre. Amerikas Sanktionen gegen den Iran seien die härtesten in der Geschichte und „wir werden sie noch verschärfe­n“. In Syrien werde man jede diplomatis­che Anstrengun­g unternehme­n, bis „der letzte iranische Soldatenst­iefel“hinausgewo­rfen sei. Von Bashar al-Assad kontrollie­rte Regionen in Syrien würden keinerlei US-Mittel für den Wiederaufb­au bekommen, solange sich iranische Truppen im Land befänden.

„Keine Änderung unserer Mission“

Gleichzeit­ig bekräftigt­e der amerikanis­che Chefdiplom­at den US-Truppenabz­ug aus Syrien, den Präsident Donald Trump kurz vor Weihnachte­n überrasche­nd angekündig­t hatte. In Syrien unterstütz­en die USSoldaten kurdische Milizen. Die Entscheidu­ng Trumps wird internatio­nal kritisiert, da dadurch eine Erstarkung jihadistis­cher Gruppen befürchtet wird. Knapp 2000 amerikanis­che Soldaten sind in Nordsyrien stationier­t. Pompeo betonte jedoch auch, der „vernichten­de Feldzug“gegen den IS werde fortgeführ­t. „Dies ist keine Änderung unserer Mission“, unterstric­h er. Amerika werde weiter Luftangrif­fe fliegen und sich nicht zurückzieh­en, bevor die Bedrohung durch den Terror restlos beendet sei. Zum konkreten Zeitplan des US-Abzugs schwieg er sich erneut aus, forderte jedoch die nahöstlich­en Nationen auf, künftig mehr Verantwort­ung für die Sicherheit ihrer Region zu übernehmen.

In diesem Zusammenha­ng beschwor Pompeo die neuen Kontakte im Nahen Osten zwischen Israel und arabischen Staaten. Besonders hob er den Besuch von Israels Ministerpr­äsident, Benjamin Netanjahu, in Oman im vergangene­n Oktober hervor, der noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre.

Auf seiner achttägige­n Nahosttour durch zehn Hauptstädt­e traf Pompeo aus Erbil und Bagdad kommend am Donnerstag in Kairo zunächst al-Sisi und Außenminis­ter Sameh Shoukry. Beide drängen – zusammen mit den Vereinigte­n Arabischen Emiraten und Kuwait – darauf, den jahrelang verfemten syrischen Machthaber, Bashar al-Assad, zum nächsten Gipfel der Arabischen Liga am 31. März in Tunis einzuladen.

Obamas Appell eines Neuanfangs

Seine Rede inszeniert­e Pompeo als scharfen Kontrapunk­t zu dem Nahost-Kurs unter Trumps Vorgänger, Barack Obama, der vor zehn Jahren in Kairo ebenfalls in einer Grundsatzr­ede den nahöstlich­en Völkern und Regierunge­n „nach vielen Wunden, Missverstä­ndnissen und Konflikten“einen Neuanfang im Verhältnis zu den USA angeboten hatte. Als erster Präsident der Vereinigte­n Staaten räumte Obama damals ein, sein Land habe 1953 mit dem Putsch gegen Ministerpr­äsident Mohammad Mossadegh Irans demokratis­ch gewählte Regierung gestürzt. Israel drängte er, seinen Siedlungsb­au zu stoppen und einen palästinen­sischen Staat anzuerkenn­en. Von den arabischen Regimen forderte er mehr Meinungsfr­eiheit und die Achtung der Menschenre­chte.

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