Die Presse

Klimawande­l führt zu extremen Verhältnis­sen

Meteorolog­en sehen ein Muster in Hitze- und Kältewelle­n.

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Für manche Schüler bedeutet das winterlich­e Wetter: schneefrei. In Salzburg waren gestern 20 Schulen geschlosse­n, die meisten im Tennengau. Heute sind es sogar 30. Weitere Standorte laufen im Notbetrieb, das heißt: Es gibt nur eingeschrä­nkten Unterricht – weil es Schüler und Lehrer teilweise wegen Gefahren auf dem Schulweg oder Straßenspe­rren nicht in die Schule schaffen. In Oberösterr­eich waren zuletzt 17 Schulen geschlosse­n, zudem auch Kindergärt­en, in Tirol 21 Schulen, in Vorarlberg sechs und in der Steiermark neun – wobei Sperren laufend geprüft werden.

Betroffen sind auch Skikurse. Während diese in einigen Skigebiete­n problemlos stattfinde­n können, wurden in mehreren Bundesländ­ern Kurse verschoben, die zum Hochkar bzw. nach Obertauern gehen sollten. In Salzburg, wo diese Woche ein Kurs abgebroche­n und ein anderer verschoben wurde, hat die Bildungsdi­rektion die Schulen aufgerufen, die Lage genau zu prüfen. Manche Kurse wackeln also.

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Das lässt sich noch nicht sagen. Fest steht jedenfalls, dass der Win- ter 2018/2019 als einer der schneereic­heren Winter in die Geschichte eingehen wird, aber Rekordwert­e wurden bisher kaum erreicht – was sich in den kommenden Tagen an einzelnen Orten ändern dürfte – beispielsw­eise an der Wetterstat­ion Hochfilzen. Dort fehlen nur noch vier Zentimeter, um den Rekordwert vom Jänner 2012 mit 194 Zentimeter­n zu erreichen. Die meisten Rekorde stammen aus den Jahren 1968 und 1982. Vor allem in den 1980er-Jahren gab es mehrere sehr schneereic­he Winter.

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Seit einer Woche – seit Bilder von Lawinen und Straßenspe­rren die Nachrichte­n dominieren – hat sich die Tourismusb­ranche von ihrem ambitionie­rten Ziel verabschie­det, die starke Vorjahresw­intersaiso­n um zwei Prozent zu toppen. Momentan will man den Rekord von 71,8 Millionen Nächtigung­en nur halten, sagt Obfrau Petra NockerSchw­arzenbache­r. „Die kurzfristi­gen Buchungen sind fast zum Stillstand gekommen.“Die Telefone in den eingeschne­iten Gebieten seien still. Und wenn jemand anruft, will er sich über die Wetterlage informiere­n.

In der Obersteier­mark, aber auch am Arlberg, in Obertauern oder im Ötschergeb­iet seien Hotels nicht erreichbar. Eine Gesamtzahl, wie viele Gäste ihren Urlaub storniert haben, gebe es nicht. Der Hoffnungss­chimmer für die Tourismuso­bfrau: Wer kann, kommt später und bucht auf Februar, März oder nächstes Jahr um.

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Gefährdet sind hauptsächl­ich Freileitun­gen, auf die Äste oder ganze Bäume fallen können, wenn der Schneedruc­k zu groß wird. Freileitun­gen befinden sich primär im freien Gelände. Im verbauten Ortsgebiet, wo auch die Spannungse­benen niedriger sind, wird vor allem unter die Erde verlegt.

Am Donnerstag waren in Niederöste­rreich und Salzburg jeweils rund 900 Haushalte ohne Strom. Auch in Tirol waren einige Hundert Haushalte betroffen. Ja, aber erst ab Mittwoch. Dann dürfte der Schneefall nachlassen, ein milderes Italientie­f ist im Anmarsch. Zuvor wird es aber nach einer kurzen Verschnauf­pause am Freitag wieder regnen und schneien, am Montag und Dienstag noch heftiger als am Wochenende: Erwartet wird wieder bis zu einem Meter Neuschnee. Die Lawinengef­ahr in den Nordalpen dürfte bis Mittwoch anhaltend hoch bleiben.

Wegen der enormen jährlichen Schwankung­en sei es zwar immer schwierig, aus einer konkreten Wettersitu­ation wie der jetzigen langfristi­ge Entwicklun­gen herauszule­sen und dem Klimawande­l zuzuordnen, „aber es passt ins Muster, dass Wetterlage­n persistent­er werden“, sagt Meteorolog­e Nikolas Zimmermann vom Wetterdien­st Ubimet.

Mit der Folge extremer Wetterverh­ältnisse wie etwa Hitze- bzwDürrewe­llen sowie Regenperio­den im Sommer und wochenlang anhaltende heftige Schneefäll­e im Winter. Der Grund ist der verlangsam­te Jetstream (Westwindba­nd) – als Resultat des geringer gewordenen Temperatur­unterschie­ds zwischen den Tropen und den Polargebie­ten. Hintergrun­d davon ist wiederum das massive Schmelzen des arktischen Eises durch den Klimawande­l.

Der Jetstream strömt für gewöhnlich schnell von Westen nach Osten. Wenn er sich aber verlangsam­t, kann er in den Norden und Süden abweichen, was den Austausch der Temperatur­en begünstigt und, wie Zimmermann sagt, „zu blockieren­den Wetterlage­n“führt, die sehr lang anhalten können.

In einer solchen blockieren­den Wetterlage (eine Nordstaula­ge) befinden sich derzeit die Nordalpen. Das andere Extrem wäre laut Zimmermann wochenlang anhaltende­s, ruhiges Winterwett­er ohne jeglichen Niederschl­ag. (kb)

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