Frau Bock, diesmal persönlich
Kino. Psychiater Houchang Allahyari hat Ute Bock zum dritten Mal einen Film gewidmet. Diesmal zeigt er die privateren Seiten seiner einstigen Schwägerin.
Das Einzige, was Ute Bock nach ihrem Tod vererbte, war ihre Katze. Geblieben sind von ihrem Namen auch eine Hilfsorganisation und eine Menge Leute, die in ihrem Namen weiterarbeiten. Auch das könnte man wohl als Erbe bezeichnen.
Ihren Geist am Leben erhalten, das will auch der Psychiater Houchang Allahyari mit seinem neuen Film – dem dritten über sie. Eine Trilogie habe er ursprünglich freilich nicht im Sinn gehabt, sagt der Arzt und Filmemacher. Für „Bock for President“hat er mit seinem Sohn Tom-Dariusch die Flüchtlingshelferin zwei Jahre lang mit der Kamera begleitet, um ihre Arbeit zu zeigen. „Die verrückte Welt der Ute Bock“widmete sich dann jenen Anekdoten und Erzählungen Bocks, die sich dokumentarisch nicht erfassen ließen; Stars von Josef Hader bis Karl Markovics bevölkern darin den Bock’schen Mikrokosmos aus Flüchtlingen und Fremdenpolizei.
Allahyari selbst kannte Bock gut 50 Jahre lang. Als 20-jähriger Medizinstudent, frisch auf eine österreichische Werbebroschüre hin aus dem Iran eingewandert, hat er ihre Schwester Helga geheiratet. Die Ehe ist zwar längst geschieden, Bock daher eigentlich nur seine Exschwägerin; die Verbindung sei trotzdem immer enger geworden; „vor allem später, als ich ihre Kinder und Klienten betreut habe“. Er als Psychiater der Justizanstalt Favoriten, sie als Leiterin des Gesellenheims Zohmanngasse im gleichen Bezirk, das später, nachdem sie schon in Pension war und Hans Peter Haselsteiner das Haus gekauft hatte, zu ihrem Flüchtlingshaus mutierte.
Als eine Woche nach ihrem Tod vor genau einem Jahr die von ihr Betreuten an ihrem Grab standen, um ihr die letzte Ehre zu erweisen, das, sagt Allahyari, sei jener Moment gewesen, an dem er Gänsehaut bekommen habe. „Zwei Kränze sind dort gelegen. Einer war vom Bundespräsidenten, der andere von den Flüchtlingen.“Und dort sei ihm auch bewusst geworden, „dass ich zwar zwei Filme über sie gemacht habe – aber ihre Persönlichkeit kommt darin nicht richtig vor“. Und wer, wenn nicht er, der Filmemacher, der mit ihr gearbeitet hat und der ihre Familie kennt, wäre eher in der Lage, einen Film über ihre Person zu machen?
Dass er damit nicht gerade als neutraler Regisseur durchgeht, hält er für kein Problem. Kritisch habe er Ute Bock schon in den früheren Filmen dargestellt, schon in „Bock for President“sei zu sehen, „wie hart sie Leute beschimpft“. Aber natürlich entspräche der Film auch seiner Meinung, „und die ist sehr positiv über diese läuft ab 18. Jänner im Kino, das gleichnamige Buch wird zu ihrem ersten Todestag am 19. Jänner im Stadtkino im Künstlerhaus präsentiert: Houchang Allahyari, aufgezeichnet von August Staudenmayer. Amalthea, 240 Seiten, 25 Euro. Frau“. Für den Film – und das gleichnamige Buch, das Bocks Geschichte transportieren soll – hat er ehemalige Schützlinge, aber auch seine eigene Familie zu ihren Erinnerungen an die Unbeugsame befragt. Oft fällt darin das Wort Respekt: Man habe getan, was Bock wollte. Oh ja, stur sei sie gewesen, schmunzelt Allahyari. Aber auf ihn habe sie, „wenn auch ungern“, durchaus gehört. Vieles, was von ihr überliefert ist, ist nicht gerade politisch korrekt. „Aber man hat es verstanden, wenn man sie kannte.“
Der Titel „Ute Bock Superstar“spielt mit der Tatsache, dass Bock einerseits „eine wirklich einfache Person war“, gleichzeitig aber mit ihrer bockigen Mischung aus Grant und Humor wie ein Magnet die Jugend anzog und zu einer Art Popstar avancierte. Mit Qualtinger oder Hans Moser vergleicht sie gar der ehemalige Kulturjournalist Claus Philipp. Dabei wollte sie nie ein Star sein, glaubt Allahyari. „Wenn sie medienfreundlich war, dann deshalb, weil sie wusste, dass sie damit Geld sammeln kann.“
Allahyari selbst, von der Justiz in Pension, arbeitet heute zum Teil noch als Psychiater. „Aber als Betreuer fühle ich mich alt.“Zu viele Menschen, zu wenig Zeit, zu viele Probleme. „Wenn jemand aktuell so große Schwierigkeiten hat, kann man nicht einfach dessen Kindheit analysieren.“So konzentriert er sich lieber auf die Filme. Mehrere hat er in der Pipeline, jener über Bock hat nächste Woche Premiere. Eigentlich verwehre er sich als Psychiater ja gegen Symbole, sagt er. „Aber es macht mir nichts aus, dass Ute Bock als Symbol der Menschlichkeit gilt.“