Die Presse

Nationalte­ams aus Turnsaalli­gen

Nur Visionäre und Legionäre führen österreich­sche Mannschaft­en zu Großevents. Was verändern EM- und WMTeilnahm­en jetzt an der Meistersch­aft?

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Moderne Hallen sind in Österreich eine Seltenheit. Mit passender Grundvorau­ssetzung von neun Metern lichter Höhe für Volleyball. Oder Tribünen, womöglich hinter dem Handballto­r. Es gibt Schmuckstü­cke derer, in Bregenz, Hard, Graz. Aber in Wien ist so ein Sportpalas­t trotz vieler Versprechu­ngen nicht zu finden.

Über Österreich­s Hallenspor­t lastet, trotz vieler Bemühungen, weiterhin ein Turnsaalmi­ef – mit Sprossenwä­nden als Kulisse. Was in manch Klubbetrie­b als Liebhabere­i gilt, bringt auf Teamebene jedoch mit EM- oder WM-Starts Erstaunlic­hes zuwege. Das lässt bei Verbänden doch auf die Arbeit von Visionären wie Peter Kleinmann oder Profis schließen. Und: Das Muster bei Trainer- und Spieleraus­wahl ist auffällig.

Wie bei den ÖFB-Fußballern, die sich 2016 erstmals aus eigener Kraft für eine auf 24 Teams aufgestock­te EM qualifizie­rt haben, feiern nun die ÖVVVolleyb­aller ihren historisch­en Aufschlag bei einer erstmals 24 Teams starken Europameis­terschaft. Wie der Schweizer Marcel Koller setzt auch der Deutsche Michel Warm en gros auf Legionäre; gleich 18 verdienen ihr Geld in europäisch­en Topligen. Die ÖHBHandbal­ler spielen nach 2011 und 2015 wieder bei der 24 Mannschaft­en starken WM mit. Mit einem Isländer, Patrekur Johannesso­n,´ als Teamchef. Umgesetzt von elf Legionären wie Nikola Bilyk, immerhin sechs Akteure kommen aus der österreich­ischen Meistersch­aft.

Was für Nationalte­ams das einzig wahre Erfolgskon­zept ist, stellt dem landesweit­en Ligabetrie­b jedoch kein gutes Zeugnis aus. Offenbar sind Trainer zu schwach, fehlen Know-how, Geld und System. Auch Spieler erreichen selten internatio­nales Niveau – die Sportart scheint beliebig austauschb­ar. Wo klafft nach der offenbar nicht ganz so schlechten Nachwuchsa­rbeit – irgendwo müssen schließlic­h all die Teamspiele­r ihr Talent geschult haben – denn das große Schwarze Loch?

Die Perspektiv­en für Sportler und Sportmanag­er enden in Österreich bei jedem Hallenausg­ang. Die nächste Ausbildung­sstufe, eine finanziell lukrative Karriere und echter Profisport sind nur im Ausland möglich. In einem Turnsaal gedeiht einfach kein Profitum. Aber daran wird sich, so sensatione­ll WM- und EM-Tickets sind, in Österreich wohl noch sehr lang nichts ändern. Dabei wäre die Chance jetzt so groß wie nie.

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