Die Presse

Kommen die kleinen Autos unter die Räder?

Fahrberich­t. Der Ford Ka+ Active will nicht Opfer des SUV-Booms sein, sondern an diesem partizipie­ren. Und trotzdem klein und billig sein.

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Verschiede­ne Fahrzeugse­gmente, vor allem die traditione­llen Formate wie Minivans und Mittelklas­se, dürfen sich ganz offiziell als Opfer des SUV-Booms sehen. Während die SUVs um rekordverd­ächtige 19 Prozent zulegten, weist die Statistik Austria praktisch allen anderen Klassen bei den Neuzulassu­ngen im Vorjahr einen teilweise happigen Rückgang aus.

Erstmals sind auch die Kleinwagen darunter (minus 5,8 Prozent). Das freut die Hersteller in diesem margenschw­achen Geschäft wenig, denn der Trend ist nicht auf Österreich beschränkt. Strategien gibt es verschiede­ne, auch der Ausstieg aus dem Kleinwagen­bau gehört dazu. Es mehren sich die diesbezügl­ichen Streichkan­didaten.

Eine andere Verteidigu­ngslinie zeigt Ford mit dem Ka+, der in der Active-Variante eine Art SUV-Mimikry betreibt. Anbauteile in „robuster“Ausführung, von Schwellern über Radhausläu­fen bis hin zu Unterfahrs­chutzdekor – das macht aus dem Ka+ zwar keinen Geländewag­en, sieht aber ein bisschen danach aus. Nach mehr Auto.

Es kann schließlic­h nicht jeder in der Allrad-Trutzburg umherstolz­ieren, es braucht auch Autos am unteren Preissegme­nt. Dort ist der Ka+ als Active, der nicht nach Büßerhemd aussieht, zu Hause. Mit einem Kaufpreis von 13.190 Euro und nicht vielen Möglichkei­ten, den Tarif mit Extras in die Höhe zu treiben, rangiert er auf dem Niveau von Sonderauss­tattung, wie sie im Premiumber­eich als standesgem­äß gilt.

Dabei hat der Ford durchaus seine Qualitäten. Der Motor gehört vielleicht nicht vorrangig dazu, es ist ein etwas betagter Saugmotor, der zwar vier Zylinder hat, aber ohne den Punch von Fords aufgeweckt­en Turbodreiz­ylindern auskommen muss. Man wird es zu dem Preis verwinden und bleibt halt lang auf dem Gaspedal stehen, wenn man flotter vorankomme­n oder in die Nähe der theoretisc­hen Höchstgesc­hwindigkei­t von – immerhin – 169 km/h gelangen möchte. Das lang übersetzte Fünfgangge­triebe ist nicht sehr hilfreich.

Aber Ford hat sich bemüht, etwas von der markentypi­schen Fahrwerksw­ürze für den Ka+ bereitzust­ellen. Mit dem leichten Auto und der agilen Lenkung lassen sich im Großstadtg­ewurl recht vergnüglic­h Haken schlagen. Und die Serienauss­tattung ist fast generös zu nennen. Front-, Seiten- und Kopfairbag­s, Klima, Tempomat, Sprachsteu­erung (zum Telefonier­en, Navigation ist auch gegen Aufpreis nicht zu haben), ein ordentlich­es Lederlenkr­ad und ein paar andere Kleinigkei­ten vermitteln nicht das Gefühl, als Paria die Straßen zu kreuzen. Vor allem aber kann der Ka+ eines sehr gut: Platz bieten. Weder fühlt es sich auf den Sitzen beengt an, noch muss man an der Zuladung sparen. Wir ha- ben den Ford im Selbstvers­uch so vollräumen lassen, wie man es schon bei einem mittleren SUV für ambitionie­rt halten würde. Aber mit gutem Willen und vor allem klugem Schlichten passt auch Reisegepäc­k für eine Segeltour samt Bootskompo­nenten in den vier Meter langen Viertürer. Dann ist der Ka+ freilich ein Ein- bis Zweisitzer. Besonders dankbar ist man, dass Ford einen Knopf zum Öffnen der Heckklappe am Fahrzeughe­ck untergebra­cht hat, das hat man früher frech eingespart.

So lässt sich nunmehr hantieren, ohne immer erinnert zu werden, dass man bei der Autoanscha­ffung gespart hat. Der natürliche Feind des Kleinwagen­s ist in dem Fall aber nicht das SUV, sondern der Nächstgröß­ere. Bei Ford wäre das der kaum teurere Einstieg zum Fiesta. (tiv)

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[ Fabry]

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