Der höflichste Cloudrapper der Welt
Rin gab im ausverkauften Wiener Gasometer ein umjubeltes Gastspiel.
Unmögliche Rotzbremsen, kurze Hosen, neureicher Bling-Bling: Cloudrapper definieren ihre Coolness vorzugsweise auf der ästhetischen Müllhalde der Achtzigerjahre. Der aus dem Umland von Stuttgart stammende Rapper Rin ist da eine Ausnahme. Auch im Gasometer trat er recht dezent im Sweatshirt an. Nur der Schnauzer war unvermeidlich. Aber über den sonst obligatorischen Schmuck singt er bloß. Dies aber recht leidenschaftlich. Mit einem „Guck auf mein Ice, alles scheint“hauchte er in „One Night“seine Süße an, raunte dem Kollegen am Steuer „Ich bin ihr Rockstar, mach das Dach auf“ins Ohr. Dann ging’s mit 200 km/h durch die Stadt.
Im robusten „Avirex“rappte er Markennamen so aufreizend rhythmisch wie einst der dicke Biz Markie seine favorisierten Süßspeisen. Auch hier fiel das Zauberwort „Iced Out“, dabei handelt es sich um eine Marke, die Imponierklumpert für die Hip-Hop-Szene bereitstellt. Dicke Ketten, Brüller, Aufsteckgoldzähne. Die Homepage verheißt: „Entscheide dich für die Single Grillz, wenn du einen dezenten Grillz-Look haben möchtest, oder wähle die Full-Size-Varianten und bedecke damit deine kompletten Zähne.“
Trotz aller Rülpelhaftigkeit in seinen Texten gab sich Rin als der bescheidene Bub von nebenan. „Danke für all die Emotionen“, rief er den engagierten Besuchern zu. Er ist kein Zyniker wie Yung Hurn, sondern freut sich, wenn er vor seinem Publikum steht. Oder auch rührend unelegant mit beiden Beinen in die Höhe springt. In Stücken wie „Ich will, dass du mich brauchst“zeigte er furchtlos sein geringes Selbstvertrauen. Auch in „Dior 2001“gab er sich recht verletzlich: „Immer, wenn sie ,immer‘ schreibt, weiß ich gleich, dass sie nicht mehr bleibt.“
Diese Momente der Schwäche wurden kontrastiert durch Selbstherrlichkeiten in wummernden Stücken wie „Vagabundo“und „Blackout“. Sechzehnjährige Mädchen sangen begeistert Zeilen in „XTC“mit, etwa: „Sie will poppen und sie weiß nicht, wo sie bleibt.“
Nach einer knappen Stunde war die Performance vorbei. „Ich verbeuge mich vor eurer Energie“, waren seine letzten Worte, bevor er ins Sauerstoffzelt backstage entschwand. An seiner Kondition muss Rin noch arbeiten.