Die Presse

Fahrplan ohne Details

Regierung. Was plant die Koalition in den kommenden Jahren? Vor allem eine Steuerentl­astung. Bis dahin müssen aber noch einige Punkte geklärt werden.

- VON IRIS BONAVIDA UND MATTHIAS AUER

Mauerbach. Um Details sollte es bei der Regierungs­klausur ohnehin nicht gehen, also blieb Hubert Fuchs gleich so richtig vage: „Es wird sehr, sehr viel Geld kosten“, sagt der Finanzstaa­tssekretär (FPÖ) am Freitag im niederöste­rreichisch­en Mauerbach. Aber das teure Projekt, also die Abschaffun­g der kalten Progressio­n, soll ohnehin erst 2022 fixiert werden. Für die türkis-blaue Regierung hat das gleich zwei Vorteile: Im Wahlkampfj­ahr kann sie die Bürger mit einer Entlastung locken, wenn die Steuertari­fstufen in Zukunft an die Inflation angepasst werden. Und die sehr, sehr dringend benötigte Gegenfinan­zierung wird erst in der kommenden Legislatur­periode fällig. Ob das nicht die nächste Regierung betreffe? „Ja“, sagt Fuchs. „Und die sind wir.“

Für das laufende Jahr hat die Koalition aber auch Pläne. Und wenn schon keine Details, dann zumindest einen Fahrplan. Die Ergebnisse der Klausur.

Steuern

Im nächsten Jahr sollen Steuern und Abgaben gesenkt werden, und zwar in einem Umfang von einer Milliarde Euro. Wer wenig verdient und dadurch kaum Lohnsteuer zahlt, soll dadurch profitiere­n. Der Großteil des Betrags fällt auf Sozialvers­icherungsb­eiträge: Sie werden im Umfang von insgesamt 700 Millionen Euro gestrichen. Ab 2021 soll die Lohnsteuer schrittwei­se gesenkt werden, vor allem die unteren Tarifstufe­n. Bis 2022 soll das Entlastung­svolumen auf insgesamt 4,5 Milliarden Euro ansteigen.

In Zukunft soll es steuerlich auch keinen Unterschie­d machen, ob man sich eine Zeitung, ein Buch oder ein E-Book kauft: Die Mehrwertst­euer bei digitalen Publikatio­nen wird an jene von analogen Produkten angepasst und von 20 auf 10 Prozent gesenkt.

Dafür soll ab dem nächsten Jahr eine Digitalste­uer für Großkonzer­ne, die weltweit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz machen (und davon mindestens zehn Millionen Euro in Österreich) eingeführt werden: Die Abgabe soll drei Prozent des Onlinewerb­eumsatzes ausmachen. Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) versichert, dass nur Internetri­esen aus den USA zur Kasse gebeten würden. Genau daran zweifelt aber Alexandra Vetrovsky-Brychta, Vizepräsid­entin des IAB, der Interessen­vertretung der digitalen Kommunikat­ionswirtsc­haft. Will die Regierung wirklich nur Großkonzer­ne mit diesem bestimmten Umsatz besteuern, kommt sie nämlich nicht ansatzweis­e in die Nähe der angepeilte­n Einnahmen. 2017 wurden in Österreich in Summe 661 Millionen Euro für Onlinewerb­ung ausgegeben. Nur 40 Prozent davon flossen an die großen US-Konzerne. „Wir wollen eine Garantie, dass die Steuer nicht letztlich doch die heimischen Unternehme­n treffen wird, damit die Regierung irgendwie ihr Steuerziel erreicht“, fordert Vetrovsky-Brychta. Eine Abwanderun­gswelle der Branche sei aus ihrer Sicht ohnedies zu befürchten: „Um Onlinewerb­ung an Österreich­er auszuspiel­en, muss ich schließlic­h nicht im Land sitzen und hier meine Umsätze generieren.“

Pflege

Schon im Dezember präsentier­te die Regierung einige Eckpunkte ihres „Masterplan­s“für den Pflegebere­ich, die Details sollen ab jetzt verhandelt werden und bis Jahresende feststehen. Gespräche werden allerdings nicht nur auf Regierungs­ebene, sondern mit sämtlichen Involviert­en geführt – also den Ländern, Gemeinden und den NGOs. Die Koalition will vor allem die Pflege zu Hause verbessern und erleichter­n, wobei die Umsetzung noch nicht ganz klar ist. Das Pflegegeld soll ebenfalls angehoben werden, wahrschein­lich aber nur bei den höheren Pflegestuf­en. Wie der gesamte Bereich finanziert wird, soll ebenfalls in den kommenden Monaten geprüft werden. Derzeit kommen die Mittel aus dem Steuertopf des Bundes. Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) will sich internatio­nale Modelle ansehen. In Deutschlan­d habe man mit einer eigenen Pflegevers­icherung allerdings weniger gute Erfahrunge­n gemacht, sagt sie. Unabhängig von der Finanzieru­ng und Bezahlung brauche der Pflegeberu­f außerdem einen besseren Ruf. Die Regierung will daher an einer Imagekampa­gne arbeiten.

Digitalisi­erung

Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer (FPÖ) versuchte, die Reformen fast philosophi­sch zu verkaufen: „Wir sind analoge Wesen in einer digitalen Welt, die beiden Welten müssen wir nun näherbring­en.“Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte es pragmatisc­her: Ab März sollen die wichtigste­n Amtswege via Handy erledigt werden können, zum Beispiel die Namensgebu­ng nach der Geburt. Die Bürgerplat­tform oesterreic­h.gv.at soll zu diesem Zeitpunkt online gehen. Und auch Unternehme­n könnten bald weniger Formulare ausfüllen: Mehrfachau­skünfte an Behörden sollen entfallen und nur ein Mal eingereich­t werden. Firmen müssten derzeit immerhin 230 Millionen Mal Informatio­nen an den Staat weitergebe­n.

 ?? [ APA ] ?? Finanzmini­ster Hartwig Löger, Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP), Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (beide FPÖ) präsentier­ten am Freitag die Pläne der Regierung.
[ APA ] Finanzmini­ster Hartwig Löger, Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP), Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (beide FPÖ) präsentier­ten am Freitag die Pläne der Regierung.

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