„Ich bin auch mit 6,1 Milliarden Euro glücklich“
Finanzstaatssekretär Fuchs (FPÖ) über die Größe der Steuerreform, das Ziel, Budgetüberschüsse zu erwirtschaften, ein neues Einkommensteuergesetz und die Frage, ob der Justizminister bei der Staatsreform säumig ist.
Die Presse: Die Angaben zur Steuerreform sind bisher nicht sehr detailliert. Ist man sich in der Koalition nicht einig oder ist man einfach zu früh an die Öffentlichkeit gegangen? Hubert Fuchs: Wir haben in der Arbeitsgruppe seit vielen Monaten intensiv an der Reform gearbeitet. Wir denken dabei in alle Richtungen, es werden viele verschiedene Modelle und verschiedene Entlastungen durchgerechnet. Es gibt zum Beispiel Dinge, die wir in der Gruppe für grundvernünftig halten, die wir uns aber nicht leisten können. Wir haben jetzt einmal die Höhe der Entlastungen festgelegt, mit welchen Modellen wir sie erreichen, ist dann eine politische Entscheidung.
Wenn man die Menschen 2020 um eine Milliarde Euro entlastet, entspricht das ja ungefähr dem, was der Staat dank der kalten Progression, also der Nichtanpassung der Steuerstufen an die Inflation, einnimmt. Wir wollen trotz der Entlastungen einen bestimmten budgetären Pfad einhalten, der für die kommenden Jahre Budgetüberschüsse vorsieht. Es gibt 2020 einen Spielraum von einer Milliarde Euro, und dieser Betrag wird eben für Geringverdiener ausgegeben. Für jene, die jeden Cent zum Leben brauchen.
Was ist dem Staat wichtiger: einen Budgetüberschuss zu erzielen oder eine ordentliche Entlastung der Steuerzahler? Kein ordentlich handelnder Kaufmann kann sagen, ich investiere jetzt alles sofort, mir ist egal, was das für Folgen hat. Wir wollen ein ausgeglichenes Budget haben, das ist unsere Leitlinie. Für uns war immer klar, dass wir uns eine Steuerreform leisten können müssen. Es gibt keine Steuerreform auf neue Schulden.
Aber die Steuerreform können wir uns in erster Linie dank des Wirtschaftswachstums und der kalten Progression leisten. Die großen Einsparungen im System sehe ich nicht. Das Wirtschaftswachstum ist schon wieder zurückgegangen, und die kalte Progression finanziert auch nicht alles. Es hat schon auch mit dem strengen Budgetpfad zu tun, den wir vorgegeben haben.
Wann kommt denn die große Staatsreform, die Milliarden im System einsparen soll? Da müssen Sie Josef Moser (Justizminister und zuständig für die Verwaltungsreform, Anm.) fragen.
Ist Moser in der Frage säumig, wie ihm manche FPÖ-Landespolitiker vorwerfen? Nein.
Die Wirtschaft sagt, sie hätte gern ein Drittel der Entlastungen für sich. Das sind bei insgesamt 6,3 Milliarden Euro etwa zwei Milliarden Euro. Wird sie die bekommen? Das kann man jetzt noch nicht sagen. Wir haben für die kommenden Jahre bis 2022 eine Entlastung von 4,5 Milliarden Euro eingeplant. Eine Milliarde Euro gibt es bereits im kommenden Jahr für die Geringverdiener und kleine Unternehmer. Wie sich der Rest aufteilt, wird man sehen.
Sie waren immer ein Anhänger der Senkung der Körperschaftsteuer. Ist das fixiert? Es gab ja auch die Überlegung, nicht entnommene Gewinne günstiger zu besteuern. Man muss hier unterscheiden zwischen Kapitalgesellschaften und jenen Unternehmen, die dem Einkommensteuergesetz unterliegen. Letztere werden ja schon mit der Tarifreform 2021 entlastet. Mein Wunsch wäre jedenfalls eine Senkung der Körperschaftsteuer statt einer begünstigten Besteuerung reinvestierter Gewinne. Das wäre auch im Sinn einer Verwaltungsvereinfachung. Wird es für Unternehmen auch andere Änderungen geben, etwa beim Investitionsfreibetrag? Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Aber ich bin der Meinung, dass auch ein Einzelunternehmer für Gewinne, die er im Betrieb belässt, eine begünstigte Besteuerung haben sollte. Vielleicht können wir den Gewinnfreibetrag etwas großzügiger gestalten.
Sie haben in der Vergangenheit das österreichische Steuerrecht als viel zu kompliziert bezeichnet, es müsse neu kodifiziert werden. Wird das passieren? Ja. Das ist ein ganz wesentliches
ist seit Dezember 2017 Staatssekretär im Finanzministerium. Er hat ein abgeschlossenes Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften und eines der Betriebswirtschaftslehre. Im Privatberuf arbeitete er als Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater. Anliegen von mir. Wir brauchen eine Vereinfachung des Steuerrechts, das sollte 2020, 2021 passieren. Ich strebe ein neues Einkommensteuergesetz mit Inkrafttreten 1. Jänner 2021 an.
Mit dem Ziel, dass viele ihre Steuererklärungen ohne eine professionelle Beratung selbst machen können? Ja.
Dann machen Sie aber ihre ehemaligen Berufskollegen, die Steuerberater, arbeitslos. Um die muss man sich keine Sorgen machen. Es bleiben ja genügend große Unternehmen, die eine Beratung benötigen. Für die Kleinen war es ja nie ein Geschäft, einen Steuerberater zu beauftragen, dem vielleicht 2000 Euro zu bezahlen, damit man sich 1000 Euro bei der Steuer erspart.
Kritiker vermissen bisher die ökologischen Aspekte der Steuerreform. Kommen die noch? Es gibt auf jeden Fall im kommenden Jahr steuerliche Maßnahmen, die unsere Klimaziele berücksichtigen werden. Es wird auch noch andere ökologische Aspekte geben, aber nicht in dem Umfang, wie es sich beispielsweise die Liste Jetzt (ehemals Liste Pilz) wünscht.
Sind 6,3 Milliarden Euro die größte Steuerreform aller Zeiten? Also wir haben mit sechs bis 6,3 Milliarden Euro kalkuliert.
Wenn es 6,1 Milliarden Euro sind, ist es umgerechnet auf das Bruttoinlandsprodukt nicht mehr die größte Steuerreform der Geschichte. Uns ist wichtig, dass es eine ehrliche Steuerreform ist. Nicht eine, die mit der linken Hand gibt und mit der rechten Hand nimmt, so wie das 2015/2016 der Fall war. Wir machen keine fantasievollen Gegenfinanzierungen, wir machen keine neuen Schulden. Wenn wir die Österreicher am Ende um 6,3 Milliarden Euro entlasten, bin ich glücklich. Wenn es 6,1 Milliarden Euro sind, bin ich auch glücklich.