Endspurt nach Nordmazedonien
Namensstreit. Premier Zaev konnte die Albanerpartei Besa auf seine Seite ziehen, um den neuen Landesnamen im Parlament abzusegnen. Doch auch in Athen gibt es Widerstand.
Belgrad/Skopje. Aus dem fernen Budapest meldete sich vor der Abstimmung über die Änderung des Landesnamens von Mazedonien selbst der prominenteste Justizflüchtling des Balkanstaats zu Wort. Vor einer „nationalen Katastrophe“und einem griechischen „Triumph“warnte per Facebook in dieser Woche Ex-Premier Nikola Gruevski, der sich im November einer Gefängnisstrafe durch die von ungarischen Diplomaten organisierte Flucht in die Asylobhut seines Freundes Viktor Orban´ entzogen hatte: Die Änderung des Landesnamens in Nordmazedonien werde auch die Identität und Geschichte des mazedonischen Volkes ändern.
Der tief gefallene Ehrenvorsitzende der rechten VMRO findet im ungarischen Asyl in seiner Heimat zwar kaum mehr Gehör. Doch obwohl Mazedoniens Premier Zoran Zaev und sein griechischer Amtskollege Alexis Tsipras bereits als Anwärter für den Friedensnobelpreis gehandelt werden, ist das von ihnen im vergangenen Juni vereinbarte Abkommen zur Beilegung des seit über einem Vierteljahrhundert wütenden Namensstreits der beiden Nachbarn noch lange nicht in trockenen Tüchern.
Nationalisten legen sich quer
Bis spätestens zum 15. Jänner hat Mazedoniens Parlament die Verfassungsänderung abzusegnen, die den bisher von Athen versperrten Weg in die EU und Nato freimachen soll: Nur wenn Skopje grünes Licht für die von Griechenland geforderte Staatsumbenennung erteilt, will Griechenland sein Veto gegen die Westintegration der Nachbarn zurückziehen. Mit Verweis auf die gleichnamige griechische Provinz pocht Athen schon seit 1991 auf die Umbenennung Mazedoniens. Umgekehrt fordert Skopje schon seit Jahren ein Ende der griechischen EU- und Nato-Blockade.
Das im Juni am Prespa-See unterzeichnete Abkommen hat den Weg zur Beilegung des leidigen Nachbarschaftszanks geebnet. Doch in den Parlamenten beider Staaten regt sich Widerstand der nationalistischen Kräfte. Bis zuletzt wurde am Freitag in Mazedoniens Parlament um die für die Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit gerungen. Der Parteisprecher der regierenden SDSM von Premier Zaev gab am Freitagnachmittag bekannt, dass es eine Einigung mit der albanischen Besa-Partei gebe. Ob damit eine Zweidrittelmehrheit sicher sei, werde sich aber erst bei der Abstimmung zeigen. Zuvor hatte auch der mazedonische TV-Sender 24vesti von einer Einigung berichtet.
Auch im griechischen Parlament wird eine einfache Mehrheit zur Absegnung des Vertragswerks benötigt. Diese steht aber noch keineswegs fest: Wegen des Widerstands seines rechtspopulistischen Koalitionspartners ANEL ist Tsipras auf Stimmen oppositioneller Abgeordneter angewiesen.
Albanerpartei stellte Forderungen
Mazedoniens Premier gelang es im Oktober zunächst, acht Dissidenten der das Abkommen ablehnenden VMRO als Mehrheitsbeschaffer zu gewinnen. Dann machte ihm aber die Albanerpartei Besa zu schaffen, die mit Verweis auf die Identität der Minderheiten auf die Streichung des Begriffs der „mazedonischen Staatsbürgerschaft“pochte. Zaev brachte diese Forderung in eine Zwickmühle: Denn zu großen Zugeständnisse gegenüber Besa bargen das Risiko in sich, dass dann erneut die acht VMRO-Dissidenten abspringen könnten.