Die Presse

Schaufeln, schaufeln, schaufeln – im meterhohen Schnee

Salzburg. Am Freitag machte der Schneefall in Salzburg eine kurze Pause. Das Zeitfenste­r wurde zum Schaufeln genützt – ein Lokalaugen­schein.

- VON CLAUDIA LAGLER

Es tut weh in den Augen, als kurz nach zehn Uhr am Freitag im Salzburger Tennengau erstmals seit Tagen die Sonne durch die Wolken blitzt. Der Schnee glitzert im Winterwund­erland, es ist eine Pracht – und eine Bürde. Schnee, wohin man blickt, die Bäume sind dick eingepackt, auf den Dächern der Häuser liegen meterhohe weiße Wolken.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals so viel Schnee hatten“, erzählt Rupert Walkner. Der Seniorchef vom Gasthof Alpenblick in Krispl steht zwischen meterhohen Schneewänd­en, die den Parkplatz einrahmen. Auf der anderen Straßensei­te hat sich ein ganzer Berg aus geräumtem Schnee gebildet. Seit Donnerstag­abend habe man keinen Strom mehr, erzählt der Wirt: „Heizung haben wir derzeit keine.“

Noch nimmt er es mit Humor. Er hofft, dass die eigens zur Verstärkun­g aus Kärnten angereiste­n Techniker die beschädigt­e Leitung oberhalb des Orts rasch reparieren können. Offen habe man trotzdem, erklärt der Wirt.

Skikurse abgesagt

„Rent a Ski“, wirbt ein Schild an der Hauswand. Es hängt hoch genug, um von der Straße aus noch sichtbar zu sein. Das Hinweissch­ild „Gasthof Alpenblick“ist längst in den Schneemass­en versunken. Doch den Skiverleih braucht hier derzeit niemand. Der zum Gasthaus gehörende, an sich beliebte Lift steht still. Vom Babylift kann man gerade noch das Häuschen der Talstation erkennen. Die restliche Anlage liegt unter der dicken Schneedeck­e.

Zwei Männer sind damit beschäftig­t, die Talstation des Schlepplif­ts mit der Schneefräs­e freizulege­n. Es wird noch Tage dauern, bis die Anlage wieder in Betrieb geht. Die Skikurse für nächste Woche habe man bereits abgesagt, berichtet Walkner.

Ein paar Häuser weiter stehen drei Männer auf dem Dach und räumen die Schneelast ab. Es wird geschaufel­t, was das Zeug hält: vor den Häusern, zwischen Häusern, bei Einfahrten, auf Parkplätze­n und auf Dächern. Es herrscht Zeitdruck: Am Samstag kommt der nächste Schnee.

Dächer entlastet

Bis dahin sollten gefährdete Dächer entlastet werden. Schließlic­h erwarten die Meteorolog­en in vielen Bereichen nicht nur Schnee, sondern auch Regen. Dass die Sorge berechtigt ist, zeigte sich in Thalgau: Dort stürzte am Freitag das Dach einer Lagerhalle unter der Schneelast ein. Verletzt wurde glückliche­rweise niemand.

Schaufeln, schaufeln, schaufeln: Doch kaum jemand weiß noch, wohin mit dem Schnee. Es gibt kaum Flächen mehr für das Deponieren. Mit Traktoren und Baggern wird der Schnee wegtranspo­rtiert.

Umgestürzt­e Bäume

„Ohne Schneefräs­e wäre ich erledigt“, erzählt ein Mann in Gaißau. Auch dieser Ort versinkt im Schnee. Entlang der Straße blitzen oft nicht einmal mehr die Spitzen der Schneestan­gen hervor. So mancher Baum neigt sich bedrohlich tief über die Straße, die Äste biegen sich unter dem Gewicht. Da und dort liegen schon umgestürzt­e Bäume am Straßenran­d.

Wie gefährlich die Situation ist, zeigte sich in der Stadt Salzburg. Im Kurpark neben dem Schloss Mirabell stürzte am Freitagvor­mittag eine alte riesige Linde um. Die Stadt sperrte daraufhin vorsorglic­h alle Parkanlage­n, Wälder und Stadtberge.

Das kurze Sonnenfens­ter nützte das Land Salzburg für Erkun- dungsflüge. Außerdem wurde mit Bundesheer-Hubschraub­ern versucht, Bäume entlang von gefährdete­n Straßen vom Schnee zu befreien. Mit dem Abwind wurde der Schnee von den Bäumen geblasen. Unter anderem waren die Hubschraub­er entlang der WiestalStr­aße, in Faistenau oder in Bad Vigaun unterwegs.

Zuwachs kommt

Seit Tagen gesperrt ist die Mandlwands­traße zum Arthurhaus in Mühlbach am Hochkönig. Gäste sind aber derzeit ohnehin keine mehr in dem beliebten Berghotel. Sie reisten vorsorglic­h ab. „Bei uns ist Stille“, erzählt Heidi Radacher, die Seniorchef­in des Hotels, am Telefon.

Es heißt abwarten, bis die Lawinensit­uation sich wieder etwas entspannt. Doch vorher kommt am Wochenende noch einmal kräftig Nachschub an Schnee in den Nordalpen.

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