Die Presse

Chronologi­e eines Frauenmord­es

Niederöste­rreich. Silvia K. wurde am Mittwoch Opfer eines Messermord­es. Anfang des Jahres zeigte sie ihren Exfreund wegen Stalkings an. Zu Ermittlung­en kam es aber nicht mehr.

- VON MANUEL REINARTZ Eisenstadt Krumbach

Mit mehreren Messerstic­hen, vermutlich mit einem 18 Zentimeter langen Outdoormes­ser, tötete am Mittwoch der 42-jährige Roland H. seine Exfreundin, Silvia K. (50), vor ihrem Garagentor in der Marktgemei­nde Krumbach (Bezirk Wiener Neustadt). Kurz nach der Tat rief H. selbst die Polizei an und erklärte, es sei etwas Furchtbare­s passiert.

Nach einer Alarmfahnd­ung nahm die Sondereinh­eit Cobra den Tatverdäch­tigen in seiner Wohnung unweit des Tatorts fest. In der Einvernahm­e am Donnerstag gestand H. die Tat. Motiv gab er keines an. Er sitzt derzeit in U-Haft. Seine Verteidige­r erklärten am Freitag, der Mann hätte einen „Filmriss“und könne sich die Tat nicht erklären. Eine Überwachun­gskamera könnte die Tat aufgezeich­net haben.

Der Mord war der Gipfel eines Beziehungs­dramas, das sich über eineinhalb Jahre hinzog. Im Mai 2017 trennte sich Silvia K. von ihrem Freund. Dieser bezog eine Wohnung in derselben Ortschaft. Einer geregelten Arbeit sei H. nicht nachgegang­en, sagt sein Umfeld. Auf seiner Facebook-Seite behauptet er, als Security zu arbeiten. Eine Zeit lang jobbte er jedenfalls in einer Spenglerei der Region. Die meiste Zeit war H. in einem örtlichen Gasthaus zu sehen, wo er den kostenlose­n Internetzu­gang nutzte, oder spazierte durch die Ortschaft.

Im Bekanntenk­reis fiel H. nach der Trennung immer unangenehm­er auf. So hat er in einer WhatsAppGr­uppe des Fußballver­eins ein Video gepostet, das der „Presse“vorliegt und in dem er seinen Suizid ankündigt. Daraufhin verständig­ten Mitglieder der Gruppe die Poli- zei, die zur Wohnung fuhr und nachschaut­e.

Vor allem geriet die Exfreundin ins Visier von H. Er schrieb ihr SMS und WhatsApp-Nachrichte­n, in denen er sie beschimpft­e und beleidigte, sagte eine gute Freundin der Verstorben­en im Gespräch mit der „Presse“. „Er hat sie einfach nicht in Ruhe gelassen. Pro Tag spazierte er mindestens fünf Mal am Haus vorbei. Er war immer da, wo wir waren, wenn wir fortgegang­en sind. Sie hat sich sehr gefürchtet und traute sich im vergangene­n Jahr kaum noch allein aus dem Haus“, erzählt die Freundin.

Sie organisier­te Silvia K. auch eine Überwachun­gskamera, nachdem der Pool verunreini­gt und die Poolfolie aufgeschli­tzt war. Die Kamera überwachte den Pool- und Garagenber­eich. Ob sie auch die Bluttat gefilmt hat, ist noch unklar.

Im Sommer 2018 wandte sich K. mit ihrem Bruder und dessen Frau an das Gewaltpräv­entionszen­trum, was man gegen Stalking unternehme­n könnte. Vor einer Anzeige und den Folgen einer Gerichtsve­rhandlung schreckte K. aber zurück, erzählt ihr Bruder der „Presse“. Er und seine Frau bekamen ebenfalls Drohvideos. In einem bedrohte H. die Frau des Bruders mit Mord. „Gegen Jahresende wurde es immer schlimmer. Plötzlich waren unsere Autos zerkratzt und zu Weihnachte­n fand meine Schwester einen Drohbrief“, berichtet der Bruder. In dem Brief wurde gedroht, intime Details des späteren Opfers zu veröffentl­ichen.

Die Familie entschloss sich nun doch zu einer Anzeige wegen Stalkings. Am 2. Jänner gingen sie zur Polizei. Allerdings vereinbart­en sie mit den Beamten, die Sache erst nach einem für Donnerstag angesetzte­n Gerichtste­rmin ins Rollen zu bringen. Bei dem Termin ging es um die persönlich­en Habseligke­iten H.s, die sich noch im Haus der Exfreundin befanden und meist Anstoß für die Streitigke­iten waren. „Wir haben immer wieder Termine mit ihm vereinbart, damit er sein Zeug abholt. Er ist aber nie gekommen“, erklärt der Bruder. Das Gericht sollte das klären. Erst dann wollte K., dass die Polizei aktiv würde. Am Tag davor wurde sie erstochen.

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