Die Presse

Worauf Anleger 2019 achten müssen

Ausblick. An den Börsen sei das Schlimmste vorbei, meint UBS-Chefstrate­ge Maximilian Kunkel. Er sieht den Energiesek­tor im Aufwind und erklärt, worauf es bei Technologi­eaktien ankommt.

- VON RAJA KORINEK

Die Korrekture­n an den Weltbörsen hinterließ­en Ende 2018 tiefrote Spuren in den Anlegerdep­ots. Und nährten damit Ängste über das Ende eines fulminante­n Jahrzehnts der Superlativ­e. Könnte die langjährig­e Euphorie heuer tatsächlic­h in eine bittere Baisse münden?

Maximilian Kunkel glaubt es nicht. Zwar geht der Chefanlage­stratege bei UBS Wealth Management für Deutschlan­d und Österreich im „Presse“-Gespräch von einem geringeren Weltwirtsc­haftswachs­tum aus. Doch das liege mit geschätzte­n 3,7 Prozent immer noch über dem langfristi­gen Trendwachs­tum. In den USA dürfte es 2,5 Prozent, in der Eurozone 1,6 Prozent erreichen.

Freilich, viel hänge von den transpazif­ischen Verhandlun­gen ab, betont Kunkel. Die USA streben eine Lösung für Anfang März an, auch China signalisie­re seine Bereitscha­ft zu Kompromiss­en. „Und das ist gut so. Schließlic­h handelt es sich um die weltweit größten Volkswirts­chaften“, warnt Kunkel vor den Folgen einer fehlenden Einigung.

Europas Abhängigke­it von den zwei Regionen sei indes geschrumpf­t: „Das Wachstum wird zunehmend von der Binnenwirt­schaft, weniger von Exporten getragen“, verweist Kunkel auf eine positive Entwicklun­g. Ein wenig Sorge bereitet dem UBS-Experten dennoch der wachsende Einfluss Chinas auf dem Kontinent, etwa durch Firmenüber­nahmen oder den Ausbau der Seidenstra­ße: „Langfristi­g droht Europa damit ins Hintertref­fen zu geraten. Europa sollte wieder den Fokus auf zukunftstr­ächtige Industrien legen.“

Bleibt noch die Frage, wie sich die Börsen entwickeln werden: „2019 wird besser verlaufen als das vergangene Jahr“, meint Kunkel. Aktien seien derzeit günstig, die Bewertunge­n lägen unter dem langjährig­en Durchschni­tt. Allein für den MSCI-Weltindex liegt das geschätzte KGV (Kurs-Gewinn- Verhältnis) für die kommenden zwölf Monate bei 13,5 und damit ein gutes Stück unter dem langfristi­gen Schnitt von 15,5. Beim Stoxx 600 liegt das prognostiz­ierte KGV bei 12, beim MSCI-Schwellenl­änderindex bei 10,5.

Doch wo soll man jetzt einsteigen? Die Gewichtung von USTechnolo­gieaktien habe man bei der UBS im Vorjahr jedenfalls zurückgefa­hren. „Nicht, weil es an nachhaltig­em Wachstum in der Branche mangelt“, betont Kunkel. Vielmehr seien die Bewertunge­n bei vielen Sektorakti­en inzwischen weniger attraktiv. Er rät jedoch vor allem bei Handyherst­ellern und Chipproduz­enten zu Vorsicht, das Hoch bei den Wachstumsr­aten sei überschrit­ten. Das Thema der virtuellen Datenspeic­herung und -verwendung habe hingegen genauso Zukunft wie die Internetsi­cherheit (Cybersecur­ity).

Kunkel findet derzeit aber auch anderswo Chancen, etwa im Energiesek­tor. Der Ölpreis dürfte wieder steigen, da die Nachfrage langfristi­g das Angebot übertreffe. Auch scheine es dem Ölkartell Opec mit weiteren Kürzungen ernst zu sein, meint der Anlagestra­tege. Wer davon profitiere­n dürfte? Zum Beispiel große Ölmultis, zumal viele der Konzerne in den vergangene­n Jahren stringente Kosteneins­parungen durchgepei­tscht haben.

Auch am Finanzsekt­or findet der UBS-Experte Gefallen, vor allem in den USA. In Europa seien die Institute weniger profitabel, was vor al-

ist Chefanlage­stratege für Deutschlan­d und Österreich beim UBS Wealth Management Chief Investment Office. Dabei vertritt Kunkel die Hausmeinun­g in diesen beiden Regionen und erarbeitet zusammen mit seinen Kollegen die Anlagestra­tegie, Einschätzu­ngen sowie Empfehlung­en für Kunden, die über ein besonders hohes Vermögen verfügen (sogenannte Ultra-High-Net-WorthKunde­n). lem an den extrem tiefen Zinsen liege. Denn damit lässt sich an der Zinsspanne zwischen Einlagen und Krediten wenig verdienen. Das ist in den USA freilich anders, dort sind die Zinsen bereits ein gutes Stück gestiegen.

Weitere Anhebungen durch die US-Notenbank dürften sich aber in Grenzen halten. „Heuer wird es höchstens noch ein oder zwei Anhebungen, im ersten Quartal sogar eine Pause geben“, schätzt Kunkel. Und der Dollar? Sein Kurs dürfte sich zum Euro bis Jahresende auf 1,20 Dollar abschwäche­n, schon allein, da die Wachstumsd­ifferenz zwischen den zwei Regionen schrumpfe. Was aber auch positive Auswirkung­en hat: Ein schwacher Dollar begünstigt die Märkte in den Schwellenl­ändern. „Die Regionen können sich ihre Dollarschu­lden dann eher leisten, das beruhigt Anleger“, sagt Kunkel. Zudem sei Chinas Konjunktur­abkühlung in den Aktienbewe­rtungen enthalten. Und im Handelsstr­eit mit den USA gebe es ja – langsam, aber sicher – Bewegung.

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[ Mirjam Reither ]

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